Die Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie steht an
Mit der Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie [(EU) 2019/1937] in deutsches Recht bekommen Hinweisgebern nun mehr Rechte und Schutz. Außerdem müssen die meisten Organisationen Hinweisgebern nunmehr eine eigene Meldestelle anbieten.
Whistleblowing/Hinweisgeber: Ein Instrument der Selbstkontrolle von Organisationen
Geltende Gesetze und sonstige Regeln ganzheitlich einzuhalten – die sog. Compliance –, wird für Organisationen mit zunehmender Komplexität ihrer Arbeitsprozesse und -beziehungen immer anspruchsvoller. Ohne systematische Herangehensweise ist Compliance kaum mehr lückenlos zu leisten. Hinweisgeber, die innerhalb der Organisation auf bisher unbekannte oder zumindest unbearbeitete Missstände aufmerksam machen – sog. (internes) Whistleblowing – leisten hierbei einen wichtigen Beitrag. Sie ermöglichen Organisationen, die gemeldeten Missstände diskret und effizient abzustellen. Meldestellen für Hinweisgeber werden außerdem für die meisten Organisationen demnächst Pflicht, sodass nicht nur praktischer, sondern auch rechtlicher Handlungsbedarf für betroffene Organisationen besteht.
Die Rechtslage um Hinweisgeber ändert sich grundlegend – mehr Pflichten, Fallstricke aber auch Chancen
Bisher richtete sich die Rechtslage von Hinweisgebern – abgesehen von Spezialnormen, etwa im Beamten- oder Arbeitsschutzrecht – nach den allgemeinen Gesetzen, ein spezielles Whistleblowing-Gesetz gab es in Deutschland bisher nicht.
Das ändert sich jetzt grundlegend. Das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) steht vor der Tür. Der Bundestag hat den letzten Entwurf vom 19.09.2022 (BT-Drs. 20/3442) mit wenigen Anpassungen (BT-Drs. 20/4909) am 16.12.2022 beschlossen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 10.02.2023 allerdings die Zustimmung versagt (BT-Drs. 20/5688). Damit verzögern sich die Verkündung und das Inkrafttreten des HinSchG etwas. Bundesregierung und Bundestag können nun den Vermittlungsausschuss anrufen, um mit den Ländern über einen Kompromiss zu beraten. Es ist davon auszugehen, dass der letzte Entwurf nur wenig angepasst werden wird. Denn die BRD muss die EU-Hinweisgeber-Richtlinie (EU) 2019/1937 zwingend umsetzen. Inzwischen hat die EU-Kommission bereits Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die BRD eingereicht wegen der Versäumung der Umsetzungsfrist. Diese war bereits am 17.12.2021 abgelaufen. Insofern besteht nach wie vor akuter Handlungsbedarf für Organisationen mit mehr als 50 Beschäftigten. Es bleibt jetzt lediglich etwas mehr Zeit für die rechts- und sachgerechte Umsetzung.
Das HinSchG regelt auf der einen Seite der (potenziellen) Hinweisgeber deren Rechte und Schutz, als auch auf der anderen Seite der Adressaten u.a. die Verpflichtung von Organisationen, die Meldungen durch eigene Meldestellen zu fördern und sinnvoll zu verarbeiten umfassend neu.
Von der Verkündung des HinSchG bis zum Inkrafttreten sind lediglich drei Monate vorgesehen. Erfahrungsgemäß nimmt die Einrichtung einer internen Meldestelle einige Zeit in Anspruch. Für Organisationen, die unter die neue Einrichtungspflicht fallen, besteht daher akuter Handlungsbedarf. Es bleibt jetzt lediglich etwas mehr Zeit für die rechts- und sachgerechte Umsetzung.
Dabei stellt sich für diese Organisationen die Frage, wie sie auf die neue rechtliche Situation reagieren soll(t)en. Vor dem Hintergrund der erweiterten Rechte und dem besseren Schutz von Hinweisgebern gilt es mehr denn je:
- nicht nur die neuen rechtlichen Mindest-Pflichten zu erfüllen
- sondern darüber hinaus, Hinweisgebern eine attraktive Melde-Umgebung entlang Ihrer Bedürfnisse und Vorstellungen zu bieten, um sie „im Haus“ zu halten.
Wir haben Ihnen die wichtigsten Informationen zum Thema Whistleblowing und Hinweisgeberschutzgesetz zusammengestellt.