Ein Treiber für Innovation und Wettbewerb in der Finanzbranche?
Wenn Banken und andere Finanzinstitute in den kommenden Jahren auf ISO 20022 umstellen, könnten sich viele der laufenden Diskussionen über alt gegen neu, groß gegen klein und etabliert gegen innovativ in der Finanztechnologie um diese neue Standardisierung der Sprache und der Nachrichtenübermittlung für Zahlungsdaten drehen. Die Vorbereitung auf und die Anpassung an ISO 20022 hat 15 Jahre gedauert. Die Bedeutung ihrer Ziele wurde möglicherweise in den letzten Monaten deutlich, als der elektronische Zahlungsverkehr inmitten der Covid-19-Pandemie in die Höhe schnellte, während die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen die Bedeutung von Liquiditäts- und Bargeldmanagement für Unternehmen, die um ihr Überleben kämpfen, noch erhöht haben.
Bei ISO 20022 geht es jedoch nicht nur um die Aktualisierung alter Nachrichtenformate. Der erzwungene Wandel eröffnet den Instituten die Möglichkeit, die Art und Weise, wie sie ihre Migration, ihre Technologieauswahl und ihre Zahlungsprozesse angehen, zu überdenken.
Senden und Empfangen ist zwar wertvoll, aber es ist nur der Anfang, wenn es um die Überschneidung von Zahlungen und anderen Systemen innerhalb der Banken geht. Wenn ISO 20022 für den Zahlungsverkehr angepasst wird, müssen die Daten aus den anderen nachgelagerten Systemen einer Bank, bspw. der Kreditvergabe, noch übersetzt werden. Das ist ein bisschen so, als würde man einen Teil der Bank auf einen Musik-Streaming-Dienst umstellen und erwarten, dass dieser mit dem Rest des Unternehmens, der noch CDs hört, kompatibel ist.
Die Entstehung neuer technologischer Möglichkeiten – ISO-Migration als potenzieller Innovationstreiber?
Es ist zum Beispiel denkbar, dass die Umstellung auf ISO 200222 eine positive Auswirkung für den Einsatz von digitalen Zentralbankwährungen (CBDCs) mit sich bringt.
Ein CBDC ist im Wesentlichen die digitale Form einer Fiat-Währung, die von der Währungsbehörde eines Landes oder einer Region ausgegeben und reguliert wird. CBDCs werden auf dezentralisierte Weise betrieben und abgewickelt. Zu den wichtigsten Vorteilen von CBDCs gehören beispielsweise:
- verbesserte Sicherheit,
- erhöhte Transparenz, da Zahlungen über ein zentrales Hauptbuch verfolgt und geprüft werden,
- effizientere Zahlungen, einschließlich Wertpapierhandel und -abwicklung zwischen Banken,
- Kosteneinsparungen, da Zentralbanken bis zu 90 % der Kosten für den Transport,
- die Lagerung und den Ersatz beschädigter physischer Währungen einsparen könnten,
- monetäre Kontrolle, die es Zentralbanken ermöglicht, Konten bei Bedarf automatisiert zu überwachen, einzufrieren oder sogar auf eine schwarze Liste zu setzen.
Etwa 80 % der 66 von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich befragten Zentralbanken arbeiten derzeit an CBDCs, wobei 40 % von der konzeptionellen Forschung zu Experimenten oder Proof-of-Concept übergegangen sind und weitere 10 % Pilotprojekte entwickelt haben.
Ausblick
Unternehmen und Privatpersonen könnten in jeder beliebigen digitalen Währung Transaktionen durchführen, ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob diese aus technischer Sicht praktikabel ist. Je mehr Systeme in der Lage sind, ISO 20022-Daten zu empfangen, desto mehr Möglichkeiten gibt es für Innovationen und desto mehr Wettbewerb wird es auf dem Markt geben. Dies könnte auch Bitcoin und anderen Kryptowährungen den Wind aus den Segeln nehmen, da es das Argument untergraben würde, dass Kryptowährungen eine Lösung für veraltete, zentralisierte Zahlungssysteme sind, die unangemessene Kosten und Hindernisse für Überweisungen und finanzielle Eingliederung darstellen.
Sie haben Fragen oder Beratungsbedarf zu den Vorteilen der Umstellung auf ISO 20022? Gerne stehen Ihnen unsere Expert:innen bei allen Herausforderungen zur Seite. Jetzt Kontakt aufnehmen!