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Energiepreisbremse und ihre Fußangeln

Durchblick bei den gesetzlichen Regelungen

­Dem Gesetzgeber ist mit diesem Energiepreis-Schutzschirm ein weiteres Präzisionsmeisterwerk deutscher Bürokunst gelungen. Die Energiepreisbremse wirft zahlreiche Bilanzierungs- und Umsetzungsfragen auf, die auch nicht vollständig durch den vorliegenden Entwurf der Umsetzungsrichtlinien beantwortet werden.

Der Bund entlastet mit dem Erdgas-Wärme-Soforthilfe-Gesetz (EWSG), der Strompreisbremse (StromPBG), der Gas- und Wärmepreisbremse (EWPBG) sowie der Härtefallregelung auch Träger im Gesundheits- und Sozialwesen von den stark gestiegenen Energiekosten. Bei genauer Betrachtung umfassen die gesetzlichen Regelungen verfahrenstechnisch drei Module:

In den Blick zu nehmen ist hier aber hier die Frage, ob und in welchen Fällen Höchstgrenzen die Entlastung der Unternehmen durch das EU-Beihilferecht begrenzen können. Bei der Ermittlung der Entlastungssumme sind sämtliche Entlastungsbeträge aufgrund der krisenbedingten Energiemehrkosten (insbesondere aus der Soforthilfe, der Strompreisbremse und der Gaspreisbremse) für alle Entnahmestellen eines Unternehmens sowie in verbundenen Unternehmen zu berücksichtigen.

Härtefall-Regelung für Reha und Teilhabe nach § 36a SG IX

Im Bereich Reha und Teilhabe ist nur ein einmaliger rückwirkender Ausgleich von 2022 im Bereich der durch Energiekosten entstandenen Defizite vorgesehen. Für das Jahr 2023 verweist die Gesetzesbegründung auf eine von Rehabilitationsträgern zugesagte Vergütungserhöhung, die die Absicherungsbedarfe für die Zukunft angemessen berücksichtigen soll. Die Beschränkung des Hilfefonds auf Arbeitsfelder in Kostenträgerschaft des Bundes schafft in einzelnen Arbeitsbereichen gravierende Ungleichbehandlungen und führt dazu, dass die in der Kostenträgerschaft der Kommunen stehenden Bereiche der sozialen Infrastruktur auf die Hilfeleistungen der Länder angewiesen bleiben. Unklar ist, ob und wie eine bundesweite Harmonisierung in der Vorgehensweise gewährleistet werden kann.

Härtefall-Regelung für Pflege nach § 154 SGB XI

Die Ergänzungshilfe in Höhe von zwei Milliarden Euro ist in § 154 SGB geregelt und beschränkt sich auf die stationäre Pflege. Die ambulanten Pflegeeinrichtungen sind hiervon ausgenommen. Gleichwohl gelten für sie als kleine oder mittlere Unternehmen die Strom- und Gaspreisbremse sowie die Übernahme der abschlägigen Vorauszahlung für Gas und Fernwärme im Dezember 2022. Alternativ müssen ambulante Pflegedienste Entgelte neu verhandeln und die Kosten an die Pflegebedürftigen weitergeben, sofern es keine Länderprogramme gibt. Unklar ist unter anderem, ob und wann Abweichungen vom Referenzmonat März 2022 möglich sein sollen. Auch der Ausschluss von Doppelfinanzierungen in § 82 Absatz 5 SGB XI wirft zahlreiche Detailfragen auf. Dies betrifft Fälle, in denen Energiekostensteigerungen bereits im Rahmen von turnusmäßgen Pflegesatzverhandlungen, pauschalen Zuschlagsregelungen (vgl. u.a. Niedersachsen) oder aufgrund einer vorzeitigen Kündigung nach § 85 Abs. 7 SGB XI in neuen Pflegesätzen abgebildet werden konnten. Die im Dezember 2022 gewährte Dezember-Soforthilfe wird insoweit berücksichtigt, dass für den Dezember 2022 kein Anspruch auf Ergänzungshilfen für leitungsgebundenes Erdgas und leitungsgebundene Fernwärme besteht. Durch die notwendigen Ergänzungsvereinbarungen zum Ausschluss von Doppelfinanzierungen kommt ein erheblicher bürokratischer Mehraufwand auf alle Akteure zu.

Härtefall-Regelung für Krankenhäuser nach § 26 f Abs. 1 HKHG

Aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise und der großen Abhängigkeit der Krankenhäuser von der Nutzung von Erdgas sind insgesamt sechs Milliarden Euro für einen Zeitraum vom 1. Oktober 2022 bis zum 30. April 2024 vorgesehen. Das Geld soll rückwirkend und gestaffelt ausgezahlt werden. Aufgrund der Rückwirkung des Gesetzes zum 1. Oktober 2022 ist bereits im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2022 zeitanteilig ein sonstiger betrieblicher Ertrag in Höhe von 3/19 der gesamten pauschalen Ausgleichszahlung (Fördertopf umfasst bis zu 1,5 Milliarden Euro) zu erfassen und bilanziell als Forderung nach dem KHG auszuweisen. Darüber hinaus ist zu beurteilen, ob und in welcher Höhe für 2022 auch die sachlichen Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch in Bezug auf die krankenhausindividuellen Erstattungsbeträge (Fördertopf umfasst bis zu 4,5 Milliarden Euro) erfüllt werden. Für die Ermittlung der Höhe der Erstattungsbeträge werden die Kosten der Energieabschläge für den Referenzmonat März 2022 zum Vergleich herangezogen. Auch hier stellt sich wie bei den Pflegeeinrichtungen die Frage, wie damit umzugehen ist, wenn sich Energiepreissteigerungen bereits in den Vorauszahlungen für den Verbrauch des Referenzmonats März 2022 niedergeschlagen haben.

Fazit

Auch wenn zahlreiche Details ungeklärt sind, sollte die erstmalige Antragstellung frühzeitig in Angriff genommen werden. Neben der Komplexität der Regelungen kommen zwei weitere Probleme auf die Einrichtungen zu: Für größere Träger sowie Unternehmensverbünde bestehen bei der Energiepreisbremse Höchstgrenzen und darüber sind umfangreiche Anzeige- und Nachweispflichten zu erfüllen. Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser müssen für die komplette Auszahlung der Hilfszahlungen im Jahr 2024 eine durchgeführt Energieberatung nachweisen. 

Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!

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