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Fortbestehensprognose vs. Fortführungsprognose

Das SanInsKG

Unternehmensleitungen müssen sich laufend mit der wirtschaftlichen Lage ihres Unternehmens befassen. Eine regelmäßige Beurteilung ist gerade in Krisenzeiten erforderlich, um Hinweise auf eine Insolvenzgefahr erkennen zu können. Das SanInsKG lässt nun im Insolvenzrecht vorübergehend eine nur 4-Monats-Planung zu.

Mit Beschluss vom 31. Oktober 2023 hat der Bundestag die Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes beschlossen. Dabei wurde die Bezeichnung in „Gesetz zur vorübergehenden Anpassung sanierungs- und insolvenzrechtlicher Vorschriften zur Abmilderung von Krisenfolgen (Sanierungs- und insolvenzrechtliches Krisenfolgenabmilderungsgesetz – SanInsKG)“ geändert. Die neue Bezeichnung soll erkennbar werden lassen, dass das Gesetz künftig nicht mehr ausschließlich Bestimmungen zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie enthalten wird. Vielmehr soll den aktuellen Entwicklungen auf den Energie- und Rohstoffmärkten Rechnung getragen werden, die die finanzielle Situation von Unternehmen belasten und deren vorausschauende Planung erschweren.

Verkürzung des Zeitraums der Fortbestehensprognose bei Überschuldung

Das gilt auch für die Planungen, die das Insolvenzrecht den Geschäftsleitungen haftungsbeschränkter Unternehmensträger durch die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags wegen Überschuldung (§ 15a Absatz 1 Satz 1 Alternative 2 der Insolvenzordnung (InsO)) auferlegt. Die Überschuldung ist neben der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) und der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) ein weiterer Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Überschuldung liegt nach § 19 Abs. 2 InsO vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Daher ist zunächst die Fortbestehensprognose zu beurteilen. Diese wird auf Basis der Unternehmensstrategie sowie eines Finanzplans als Prognose der Zahlungsfähigkeit erstellt. Der Prognosezeitraum umfasst grundsätzlich 12 Monate nach § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO. Durch das SanInsKG wurde dieser Zeitraum vorübergehend vom 9. November 2022 bis zum 31. Dezember 2023 auf vier Monate verkürzt, da sich derartige Prognosen angesichts der derzeitigen Preisvolatilitäten und der auf absehbare Zeit weiterhin bestehenden Unsicherheiten über Art, Ausmaß und Dauer des eingetretenen Krisenzustands oft nur auf unsichere Annahmen stützen ließen. Es soll damit verhindert werden, dass Geschäftsleitungen gezwungen werden, Unternehmen in Insolvenzverfahren zu führen, an deren Fortbestand bei Hinwegdenken der derzeitigen vorübergehenden Preisvolatilitäten und Unsicherheiten keine Zweifel bestünden. Solange diese Unternehmen aber in der Lage sind, ihren Zahlungspflichten über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten nachzukommen, liegt es der Begründung der Beschlussempfehlung zufolge im gesamtwirtschaftlichen Interesse der Vermeidung weiterer Verwerfungen auf den Märkten, diesen Unternehmen den Gang in ein Insolvenzverfahren zu ersparen.

Kein Verzicht auf eine 12-Monats-Planung

Diese Maßnahme ist vor dem Hintergrund von gestiegenen Kosten, Energieengpässen und unterbrochenen Lieferketten sicherlich zu begrüßen. Wir empfehlen jedoch, nicht allein wegen dieser gesetzlichen Erleichterung auf eine 12-Monats-Planung zu verzichten. Gerade in Krisenzeiten erlangt eine Planung eine nochmal höhere Bedeutung. Nur mit einer solchen Planung lassen sich (drohende) Liquiditätsengpässe erkennen und nur so können wirksame Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Unsicherheiten in den Planungsprämissen (bei Personal- und Sachkosten) kann mit Planungsbandbreiten, Szenarioanalysen etc. begegnet werden. Auch können Änderungen in den Annahmen regelmäßig in unterjährigen Planänderungen bzw. in Hochrechnungen eingepflegt werden.

Fortführungsprognose für den Jahresabschluss verlangt 12-Monats-Planung

Zudem ist eine 12-Monats-Planung bei der Aufstellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses erforderlich. Gem. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ist bei der Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Die Fortführung muss dabei für die auf den Abschlussstichtag folgenden 12 Monate mit hoher Sicherheit oder zumindest mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit erwartet werden können. Ein ordnungsgemäßes Rechnungswesen ist unabdingbare Voraussetzung dafür. Bestehen wesentliche Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Fortführungsprognose, sind diese (schon immer) im Anhang und im Lagebricht darzustellen. Eine Fortführungsprognose auf Basis einer nur viermonatigen Fortbestehensprognose ist jedoch nicht ausreichend und kann in einer Prüfung des Jahresabschlusses allein nicht akzeptiert werden.

Erleichterung zielführend?

Es wird sich zeigen, ob die Verkürzung des Prognosezeitraums nach § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO tatsächlich Insolvenzen vermeiden kann. In einigen Fällen haben entsprechende Kostensteigerungen ja auch bereits vor dem 9. November 2022 stattgefunden und ggf. zu Insolvenzen geführt. In jedem Fall können sich Geschäftsführungen und Vorstände nicht nur (auch nicht nur vorübergehend) auf eine 4-Monats-Panung verlassen. Für eine sachgerechte Unternehmensführung wird die 12-Monats-Planung weiterhin dringend empfohlen.

Fazit

Geschäftsführer und Vorstände sollten nicht mit Verweis auf Erleichterungen aus dem SanInsKG von einer 12-Monats-Planung absehen. Unsichere Planungsprämissen sind ebenfalls kein Grund, auf eine (solche) Planung zu verzichten.

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