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Entgeltgleichheit in der Gehaltsverhandlung

Ungleiche Gehaltsvorstellungen rechtfertigen nicht ungleiche Gehälter

Das Bundesarbeitsgericht hat am 16.02.2023 (Az. 10/23) entschieden, dass eine Frau einen Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit hat, wenn männliche Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt erhalten. Soweit erst einmal nichts Neues oder gar Verwunderliches.

Laut BAG tritt eine Indizwirkung im Sinne von § 22 AGG allerdings schon allein dadurch ein, dass eine Arbeitnehmerin vorträgt, dass sie für eine gleiche oder vergleichbare Tätigkeit ein geringeres Gehalt erhält als ein männlicher Kollege. Es ist dann am Arbeitgeber diese Vermutung zu widerlegen.

Der Arbeitgeber hat sich in diesem Fall darauf berufen, dass das höhere Entgelt gezahlt wurde, weil der männliche Kollege im Gegensatz zur weiblichen Kollegin dieses höhere Gehalt eingefordert – schlicht: besser verhandelt – hat. Diese Darstellung reicht als sachliche Begründung der Ungleichbehandlung nicht aus. Gehaltsverhandlungen allein sind laut BAG nicht geeignet eine Ungleichbehandlung der Geschlechter im Entgelt zu rechtfertigen, sodass der Arbeitnehmerin im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes gem. Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG ein Anspruch auf gleiches Entgelt zusteht.

Für viele nicht tarifgebundene Arbeitgeber wird sich nun die Fragen stellen, ob das bedeutet, dass nun sämtliche frei verhandelten Gehälter angepasst werden müssen.

Da wird man zunächst einmal einlenken und sagen können, dass eine Anpassung allenfalls dann erforderlich wäre, wenn tatsächlich auf einer vergleichbaren Position festgestellt werden könnte, dass in Erfahrung und Ausbildung vergleichbare Männer und Frauen ungleich bezahlt werden. Wenn im vorliegenden Fall unter den vergleichbaren Mitarbeitern auch noch weitere Männer gewesen wären, die ebenfalls ein geringeres Gehalt erhielten, dann läge wohl keine objektive Ungleichbehandlung vor.

Schließlich kann in derartigen Fällen nicht das Ergebnis sein, dass die Frau einen Anspruch auf Gleichbehandlung geltend machen könnte, der weitere Mann hingegen nicht.

Eine generelle Entgeltgleichheitspflicht gibt es schließlich (noch) nicht und es gilt auch im Arbeitsrecht weiterhin der Grundsatz der Privatautonomie. Diese wird durch das vorliegende Urteil allerdings tatsächlich weiter eingeschränkt und die Entgeltgleichheit gewinnt weiter an Bedeutung.

Das BAG hat sich in seiner Pressemitteilung darauf beschränkt festzustellen, dass die Vermutung nicht allein dadurch widerlegt werden kann, dass der männliche Kollege das höhere Gehalt ausgehandelt hat. Es bleibt insoweit die Urteilsbegründung abzuwarten, ob dort nähere Ausführungen zur Möglichkeit der Widerlegung dargestellt werden und dazu, warum die unterschiedliche Verhandlungssituation – in diesem Fall? – als Argument nicht ausreichend gewesen ist.

Letztlich wird es aber auch dabei bleiben, dass eine Frau zunächst einmal von der Ungleichbehandlung erfahren muss. Das Entgelttransparenzgesetz, auf das auch das BAG in seiner Entscheidung Bezug nimmt, hat durchaus hohe Hürden und in der Praxis noch nicht derart an Relevanz gewonnen, dass hier flächendeckende Klagewellen zu befürchten wären. Nichtsdestotrotz kommt der Gleichbehandlung im Sinne einer Entgeltgleichheit noch einmal mehr Bedeutung zu und nimmt nicht nur beim BAG einen immer höheren Stellenwert ein.

Insoweit sei auch noch einmal auf das Urteil des BAG vom 18.01.2023 verwiesen, in dem zur Entgeltgleichheit von Teilzeitkräften Stellung genommen wurde.

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