Neuigkeiten

IT-Kooperationen

steuerlich optimal gestalten

Die digitale Transformation stellt das Gesundheits- und Sozialwesen vor große Herausforderungen. Kooperationen bieten vor allem kleineren Trägern die Möglichkeit, den Anschluss nicht zu verlieren. Bislang scheiterten diese jedoch nicht selten am Steuerrecht. Wie hat der Gesetzgeber darauf reagiert?

Welche Möglichkeiten und Herausforderungen entstehen durch die digitale Transformation?

Die Gesundheits- und Sozialwirtschaft erlebt eine kontinuierlich wachsende Bedeutung der Informationstechnologie. Insbesondere der vermehrte Einsatz
Künstlicher Intelligenz wird diesen Trend noch verstärken. Diese Technologien bieten enormes Potenzial, um Effizienz und Qualität in der Branche zu steigern. Allerdings gehen damit auch Herausforderungen einher. Datenschutz und Sicherheit sind von zentraler Bedeutung, gerade wenn es um sensible Gesundheitsdaten geht. Die Stabilität der Systeme muss gewährleistet sein, da Ausfälle schwerwiegende Konsequenzen haben können. Kleinere gemeinnützige Einrichtungen stoßen oft an ihre Kapazitätsgrenzen, wenn es darum geht, den wachsenden Anforderungen der digitalen Transformation gerecht zu werden. Um diesen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen, sind Zusammenschlüsse und Kooperationen von entscheidender Bedeutung. In der Vergangenheit wurden solche Initiativen häufig durch steuerliche Hürden behindert. Allerdings wurden durch die jüngsten Reformen im Gemeinnützigkeits- und Umsatzsteuerrecht erhebliche Fortschritte erzielt.

Welche steuerlichen Hürden müssen überwunden werden?

Zur Einführung ein kleines Beispiel: Fünf gemeinnützige Träger aus dem Gesundheits- und Sozialwesen bündeln ihre Ressourcen und gründen eine gemeinsame IT GmbH, deren Aufgabe es ist, für ihre Gesellschafter sämtliche IT-Dienstleistungen zu übernehmen und Konzepte für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu entwickeln. Die Gesellschafter sind mit jeweils 20 % an der IT GmbH beteiligt.
In dieser Konstellation ergeben sich zwei steuerliche Nachteile:

1. Sämtliche Leistungen der IT GmbH unterliegen der Umsatzsteuer, da keiner der Gesellschafter über die nötige Anteilsmehrheit für die Eingliederung in eine umsatzsteuerliche Organschaft verfügt. Da die Gesellschafter selbst wiederum in der Regel umsatzsteuerfreie Ausgangsumsätze bewirken, bleibt ihnen das Recht zum Vorsteuerabzug verwehrt. Im Vergleich mit der internen IT-Abteilung eines großen Trägers sind die Leistungen damit um 19 % teurer.

2. Die IT GmbH muss gegenüber ihren Gesellschaftern fremdübliche Preise verlangen, um dem Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung zu entgehen. Die Fremdüblichkeit wird vom Finanzamt häufig daran festgemacht, ob bei der Tochtergesellschaft ein Gewinn erwirtschaftet wird. Schließlich hätte ein oder eine ordentliche:r und gewissenhafte:r Geschäftsführer:in gegenüber fremden Dritten einen Preis angesetzt, der zu Einnahmen führt, die die eigenen Kosten übersteigen. Dieser Gewinn wiederum unterliegt bei der IT GmbH der Körperschaft- und Gewerbesteuer, sodass hier ein weiterer Mittelabfluss in Richtung Fiskus einkalkuliert werden muss. Die interne IT-Abteilung eines großen gemeinnützigen Trägers bleibt hingegen davon verschont.
 

Welche Lösungen bieten die neuesten Gesetzesänderungen?

Um die Benachteiligung in der Umsatzsteuer zu beseitigen, wurde eine Steuerbefreiung für sog. Kostenteilungsgemeinschaften in § 4 Nr. 29 UStG
aufgenommen. Demnach sind von der Umsatzsteuer befreit:

Dienstleistungen und Nutzungsüberlassungen (nicht Warenverkäufe) eines Personenzusammenschlusses (Kapital- oder Personengesellschaft) Gesellschafter, soweit diese die Leistungen unmittelbar für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten verwenden, die Vergütung die lediglich die anteiligen Kosten deckt (kein Gewinnaufschlag) und die Steuerbefreiung nicht zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung führt.

Die größten Probleme bereitet bei diesem Anforderungsprofil in der Praxis das unscheinbare Wort „unmittelbar“. Es bewirkt, dass Tätigkeiten, die nur mittelbar der Zweckverwirklichung dienen, nicht umsatzsteuerfrei abgerechnet werden können. Nach der im BMF-Schreiben vom 19. Juli 2022 veröffentlichten Ansicht der Finanzverwaltung betrifft dies u. a. allgemeine Verwaltungsleistungen (bspw. Buchführung, Eingabe und Pflege von Stammdaten sowie Tätigkeiten im Supportbereich).
Möglich sei die Steuerbefreiung hingegen für Leistungen, die auf die individuellen Bedürfnisse der Leistungsempfänger zugeschnitten sind. Dies soll nach Ansicht des BMF erfüllt sein,

  • wenn durch den Zusammenschluss IT-Infrastruktur, die auf die Bedürfnisse der Mitglieder zugeschnitten ist, bereitgestellt und ihr Betrieb, die Betreuung oder die diesbezügliche Administration übernommen wird; dies umfasst auch Leistungen zum Zwecke von IT-Sicherheit und des Datenschutzes. Oder
  • bei im Zusammenhang mit IT-Infrastruktur stehenden ähnlichen Tätigkeiten, wenn diese Leistungserbringung unmittelbar erforderlich ist, um gesetzlich vorgegebenen Aufgaben nachkommen zu können (z.B. die technische Erstellung von Bescheiden für in einem Personenzusammenschluss verbundene Krankenkassen oder Gebietskörperschaften).

Was unter einer auf die Bedürfnisse der Mitglieder zugeschnittenen IT-Infrastruktur zu verstehen ist, bleibt offen. Die reine Beschaffung, Installation und Pflege von Standardsoftware werden den Anforderungen der Finanzverwaltung wohl nicht genügen. Im Zweifel sollte die steuerliche Einordnung des Leistungskatalogs vorab mit dem zuständigen Finanzamt abgestimmt werden.
Das zweite kritische Kriterium wird den ausmerksamen Leser:innen bereits ins Auge gestochen sein:
Der geforderte Verzicht auf einen Gewinnzuschlag, welcher ja gleichzeitig vom Finanzamt regelmäßig als Indiz für eine verdeckte Gewinnausschüttung gewertet wird (s.o.). Ein Widerspruch? Durchaus. Auflösen lässt sich dieser durch die Nutzung der Reformregelungen zum Gebot der Unmittelbarkeit. Mit der Einführung des „planmäßigen Zusammenwirkens“ in § 57 Abs. 3 AO wurde die Möglichkeit geschaffen, bislang voll steuerpflichtige Servicegesellschaften in die Gemeinnützigkeit zu überführen (vgl. Beitrag Seite 10-11). Sofern die IT GmbH selbst gemeinnützig wird, kann sie ohne ertragsteuerliches Risiko an ihre Gesellschafter zu Selbstkosten abrechnen. Zusätzlich bringt die Gemeinnützigkeit der IT GmbH weitere Vorteile mit sich, wie das Recht zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen oder Erleichterungen bei der Finanzierung des Gesellschaftsvermögens für die gemeinnützigen Gesellschafter.

Fazit

Die Kombination aus Umsatzsteuerbefreiung für Kostenteilungsgemeinschaften und Gemeinnützigkeitsreform ist durchaus vielversprechend. Aus steuerlicher Sicht ist der Weg für kooperative Lösungen zur Bewältigung der digitalen Transformation damit grundsätzlich frei. Allerdings empfiehlt es sich, die Vielzahl unscharfer Tatbestandsvoraussetzungen vorab mit dem Finanzamt im Rahmen einer verbindlichen Auskunft zu klären. Daher sollten sich gemeinnützige Träger in der Konzeptionsphase frühzeitig mit der steueroptimalen Gestaltung beschäftigen.

Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!

Erfahren Sie auch mehr zu unserer Mandantenzeitschrift Curacontact.