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Pflegereform – quo vadis?

Ambulantisierungsbremse und Renaissance der stationären Pflege?

Auch wenn unklar ist, ob und in welchem Umfang die Pflegreform noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden wird, ist der ernsthafte Wille zu erkennen, bestehende „Unwuchten“ zu beseitigen.

Auf der Basis der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen zur Verbesserung der Situation in der Pflege sowie der gesellschaftspolitischen Diskussion sollen die Stellenschlüssel verbessert und alle Pflegekräfte in dem benötigten Umfang angemessen entlohnt werden.

Gleichzeitig sollen die Pflegebedürftigen vor finanzieller Überforderung geschützt werden. Allerdings werden Erwartungen enttäuscht, dass es bei den Eigenanteilen zu einer echten Deckelung für die Bewohner kommt.

In der stationären Pflege erfolgt eine in Abhängigkeit von der Dauer der Pflege gestaffelte Reduzierung der pflegebedingten Eigenanteile. Pflegebedürftige, die

  • seit mehr als 12 Monaten vollstationäre Leistungen beziehen, erhalten einen Leistungszuschlag in Höhe von 25 Prozent ihres zu zahlenden pflegebedingten Eigenanteils.
  • seit mehr als 24 Monaten vollstationäre Leistungen beziehen, erhalten einen Leistungszuschlag in Höhe von 50 Prozent ihres zu zahlenden pflegebedingten Eigenanteils.
  • seit mehr als 36 Monaten vollstationäre Leistungen beziehen, erhalten einen Leistungszuschlag in Höhe von 75 Prozent ihres zu zahlenden pflegebedingten Eigenanteils.

Die Pflegeeinrichtung, die die Pflegebedürftigen versorgt, stellt der Pflegekasse neben dem Leistungsbetrag den Leistungszuschlag in Rechnung und den Pflegebedürftigen den verbleibenden Eigenanteil.

Eine zusätzliche Entlastung der Pflegebedürftigen erfolgt über eine Finanzierung von Investitionskosten durch die dafür zuständigen Länder in Höhe von monatlich bis zu 100 €.

Ein weiterer Kernpunkt der Reform ist die Absenkung der Refinanzierung von Tagespflege auf 50 %, wenn ambulante Pflegesachleistungen oder Kombileistungen in Anspruch genommen werden.

Interessant ist in diesem Zusammenhang zu betrachten, wie sich diese Maßnahmen bei den von den Pflegebedürftigen zu tragenden selbst zu tragenden Kostenanteilen auswirken:

Grafik zur Entwicklung des Pflegegrades durch die Pflegereform

Zum 01.07.2021 müssen alle Pflegesätze aufgrund der neuen Pflegesachleistungen neu berechnet werden, um wieder den gesetzlich vorgeschriebenen einrichtungseinheitlichen Eigenanteil zu erzielen. Mit Inkrafttreten des Gesetzes würden sich zum 01.07.2021 in diesem Beispiel die Eigenanteile um ca. 8 % bis 35 % bzw. ca. 171 € bis 730 € im Monat reduzieren.

Demgegenüber erhöht sich bei einer Halbierung des Zuschusses der Eigenanteil des Bewohners (Beispiel Pflegegrad 3) im Betreuten Wohnen, der auch Leistungen der ambulanten Pflege und der Tagespflege in Anspruch nimmt, um 649 € auf 2.742 €. Die ambulante Versorgung wird dann teurer als die stationäre Versorgung.

Auch wenn die Kürzung des Anspruch auf Tagespflegeleistung auf 50 % nicht mehr in dieser Legislaturperiode umgesetzt wird, darf Folgendes nicht übersehen werden:

Ambulante Wohnformen mit dem Charakter einer überwiegenden vollstationären Versorgung werden von Kassen und Politik als „ungewollte“ Ambulantisierungsformen auf dem Pflegemarkt eingestuft.

Änderungen in den Kundenpräferenzen sowie politische Eingriffe in die Versorgungssteuerung zwingen daher auch zur regelmäßigen Überprüfung der Produkt- und Angebotsstrategie.

Eine ausführliche Übersicht zahlreicher geplanten Maßnahmen des Gesetzesentwurfs der Pflegereform haben wir Ihnen zusammengefasst. Zur Übersicht!

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