Nachdem die lange Zeit umkämpfte Reform des Gemeinnützigkeitsrechts am 29. Dezember 2020 in Kraft getreten ist, hat sich nun auch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) inhaltlich zur praktischen Anwendung Neuregelungen geäußert. Das 12 seitige Änderungsschreiben des AEAO vom 6. August 2021 rückt insbesondere die Kooperationsregelung des § 57 Abs. 3 AO in den Fokus, enthält aber gleichzeitig auch vielversprechende Anwendungsregelungen im Bereich der Mittelweiterleitungen des § 58 Nr. 1 AO. Für viele gemeinnützige Organisationen werden die Ausführungen des BMF nun den Startschuss für die Umsetzung neuer Kooperations- und Gestaltungsmodelle markieren.
Welche neuen Möglichkeiten gibt es?
Erleichterungen ergeben sich vor allem für gemeinnützige Kooperationen. § 57 Abs. 3 AO ermöglicht es einer Körperschaft künftig auch dann unmittelbar gemeinnützig tätig zu sein, wenn sie planmäßig mit mindestens einer weiteren steuerbegünstigten Organisation zusammenwirkt. Die Regelung bewirkt, dass zukünftig diverse Leistungen aus dem steuerpflichtigen Bereich in den ertragsteuerfreien Zweckbetrieb verschoben werden können. Damit können auch (Service-)Gesellschaften als gemeinnützig anerkannt werden, die ausschließlich Funktionsleistungen an andere steuerbegünstigte Körperschaften erbringen. Im Ergebnis werden zahlreiche Abgrenzungsfragen zum Zweckbetrieb oder nach der Angemessenheit von Verrechnungspreisen bzw. Gewinnaufschlägen ein Ende finden. Ebenfalls bedeutsam für ein kooperatives Zusammenwirken von steuerbegünstigten Körperschaften ist die (Neu-)regelung des § 58 Nr. 1 AO. Demnach ist die Mittelweitergabe an andere steuerbegünstigte Körperschaften unabhängig von ihrer Höhe und einer Zweckidentität möglich. Eine Satzungsklausel soll nur für reine Förderkörperschaften oder für die Förderung steuerbegünstigter Zwecke gelten, die ausschließlich über die Förderklausel verwirklicht werden.
Was sagt das BMF dazu?
§ 57 Abs. 3 AO
Erfreulicherweise hat das BMF die Auffassung bestätigt, dass auch gemeinschaftliche Serviceleistungen, wie Buchhaltung oder Beschaffungsstellen sowie Nutzungsüberlassungen und Grundstücksvermietungen von der Neuregelung umfasst sind. Faktisch können diese Funktionsleistungen damit künftig – unter Beachtung der weiteren Voraussetzungen – dem steuerbegünstigten Bereich zugeordnet werden. Voraussetzung für diese Erleichterung wird allerdings ein entsprechender Satzungspassus sein. In dieser Hinsicht rückt das BMF merklich von einem praktikablen Ansatz ab und verlangt eine genaue Bezeichnung sowohl der Kooperationspartner als auch der Leistungsbeziehungen in der Satzung. Eine damit verbundene namentliche Nennung der Kooperationspartner ist de facto allerdings weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen.
§ 58 Nr. 1 AO
In Bezug auf § 58 Nr. 1 AO lässt das Schreiben vom 6. August 2021 eine geänderte Verwaltungsauffassung erkennen. Demnach soll bei unentgeltlichen oder lediglich kostendeckenden Kooperationen ebenfalls eine Zuordnung zum Zweckbetrieb möglich sein. Dies soll insbesondere für Nutzungen und Dienstleistungen gelten.
Was sind die nächsten Schritte?
Zunächst sollte überprüft werden welche Reformpunkte sinnvollerweise im jeweiligen Einzelfall in Betracht kommen. Wesentliche Umsetzungsszenarien werden dann insbesondere in der Anpassung von Satzungen und ggf. auch Gewinnermittlungen stehen. Dabei wird es wesentlich darauf ankommen relevante Leistungsbeziehungen und Kooperationspartner zu identifizieren.
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