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Umsatzsteuerliche Organschaft erneut auf dem Prüfstand

Nichtsteuerbarkeit der Innenumsätze

In dem seit 2019 vor dem BFH anhängigen Verfahren (Az. V R 20/22, zuvor V R 40/19) kam es nun zur erneuten Vorlagefrage an den EuGH.

Verfahren

Hintergrund ist die zuvor schon durch die Generalanwältin Medina aufgeworfene Frage zur Steuerbarkeit der Innenumsätze zwischen den Mitgliedsgesellschaften einer umsatzsteuerlichen Organschaft. Der EUGH hatte in seiner Entscheidung vom 01.12.2022, Az C-269/20 diese Frage offengelassen. In seiner nunmehr erneut erfolgten Vorlage an den EuGH greift der V. Senat des BFH die Entscheidung vom 01.12.2022 auf und sieht hier ein Klarstellungsbedürfnis.

Aus Sicht des BFH spricht unter Berücksichtigung des Richtlinienwortlautes sowie Kontext und Ziel der Vorschrift einiges dafür, dass Innenumsätze – anders als bislang angenommen – steuerbar sind.

Der V. Senat argumentiert zum einen, dass sich aus Tz. 80 der EuGH-Entscheidung ableiten lässt, dass Innenumsätze steuerbar sind. Der EuGH führt hier nämlich aus, dass Mitglieder einer Mehrwertsteuergruppe (=Organschaft) durchaus selbständig wirtschaftlich tätig sein können, Rz. 27 der EuGH-Vorlage vom 26.01.2023.

Zum anderen führt der BFH aus, dass die vom EuGH geforderte Sicherstellung des Steueraufkommens dadurch gefährdet sein könne. Der BFH bezieht sich hierbei auf die Umsatzsteuer, die bei der Erbringung von steuerpflichtigen Leistungen an einen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger entsteht, Tz. 30 ff des Vorlagebeschlusses vom 26.01.2023.

Ausblick

Die Vorlagefragen des BFH dürften tatsächlich (frei nach Dr. Wäger) als Osterüberraschung bezeichnet werden, denn sie beinhalten erhebliche Sprengkraft. Die grundsätzliche Steuerbarkeit von Innenumsätzen im Verbund hätte erhebliche Steuerbelastungen des Gesundheits- und Sozialwesens zur Folge.

Ein Vorsteuerabzug für zentrale Service- und Verwaltungsdienstleistungen wird für die betroffenen Branchen regelmäßig unzulässig sein. Umsatzsteuerbefreiungen sind für die innerhalb der Organschaft typischerweise erbrachten Leistungen nur unter speziellen Bedingungen, z. B. gem. § 4 Nr. 29 UStG, einschlägig und eine Reaktion des Gesetzgebers kann nur im Einklang mit dem Unionsrecht erfolgen.

Es zeigt sich, dass der V. Senat hinsichtlich seiner bisherigen Rechtsprechung offenbar höchst verunsichert ist. Auch wenn das Konstrukt selbst durch die ursprünglichen Vorlagefragen gar nicht in Rede gestellt werden sollte, so wird der BFH die Geister, die er seinerzeit rief, nicht mehr los; ganz passend und fast schon in Tradition dann vielleicht wieder zum Weihnachtsfest.

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