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Photovoltaik auf Kirchendächern?

Energiewende im Denkmalschutz

Kirchen sind traditionell nach Osten ausgerichtet. Dementsprechend haben viele Kirchengebäude eine große nach Süden hin ausgerichtete Dachfläche, die für die Anbringung von Photovoltaikanlagen prädestiniert erscheint.

Dennoch wurde dieses Potenzial kaum genutzt: Große glitzernde Solarpaneele auf gotischen Kirchen erschienen als ein viel zu großer Stilbruch, den man der Öffentlichkeit nicht zumuten wollte.

Das Engagement vor allem großen Kirchen hinsichtlich der Bewahrung der Schöpfung in Anbetracht des Klimawandels, konkret aber auch die steigenden Energiepreise führten hier zu einem Umdenken sowohl bei den zuständigen kirchlichen als auch den staatlichen Stellen. Die Weiterentwicklung der PV-Technik erlaubt es, Solarpaneele optisch besser an die Umgebung anzupassen, beispielsweise an Schiefer- oder Bieberschwanzziegel. Zudem setzt sich zunehmend die Einsicht durch, dass der Denkmalschutz eine zeitgerechte Bewahrung von Denkmälern bezweckt und nicht immer ein „Einfrieren“ eines willkürlich gewählten Ist-Zustandes erfordert:

So wie jede frühere Epoche eine eigene Schicht auf Denkmälern hinterlassen hat, ist es nur folgerichtig, wenn auch die Gegenwart unter dem Eindruck moderner energetischer Erkenntnisse eine eigene Schicht hinzufügt.

Diese Entwicklung führte dazu, dass die Denkmalschutzbehörden in den letzten Monaten und Jahren gegenüber Veränderungen unter energetischen Gesichtspunkten zunehmend aufgeschlossen reagieren. Freilich ist das Denkmalschutzrecht in Deutschland Landesrecht; je nach den rechtlichen Vorgaben der Bundesländer nehmen zudem teilweise die Kirchen die Aufgaben der Denkmalschutzbehörden in ihrem eigenen Bereich wahr.

Änderungen im Denkmalschutzrecht unter energetischen Gesichtspunkten nehmen hierbei nicht immer die Gestalt von Gesetzesänderungen an, sondern beeinflussen häufig die Genehmigungspraxis bei der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen; zu diesem Zweck haben verschiedene kirchliche und staatliche Behörden Handreichungen geschaffen.

Ausdrückliche gesetzliche Regelungen mit dem Ziel der Erleichterung der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung für energetische Sanierungen gibt es beispielsweise in Baden-Württemberg, in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen.

In den meisten Bundesländern wurden zudem inzwischen Handreichungen von den obersten Behörden für die nachgeordneten Behörden für die Abwägung zwischen denkmalschützerischen und energetischen Belangen erstellt. Ziel ist gerade die Ermöglichung entsprechender Maßnahmen, wobei jeweils im Einzelfall entschieden werden muss, inwieweit an die optische Gestaltung bestimmte Anforderungen zu stellen sind, etwa dadurch, dass die Maßnahmen an nicht offen einsehbaren Stellen durchgeführt werden oder farblich mit dem Ziel größtmöglicher Unauffälligkeit ausgestaltet werden.

Vereinzelt gibt es auch bereits erste Gerichtsentscheidungen zu diesem Themenkomplex: So hat das VG Braunschweig in einem Beschluss vom 27. Januar 2023 (2 B 290/22) die Pflicht zum Rückbau einer grundsätzlich genehmigungsfähigen PV-Anlage auf einem Baudenkmal abgelehnt. Demgegenüber hat das OVG Magdeburg in einem Beschluss vom 10. Juni 2022 (2 L 21/20.Z) die Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung für eine Solarthermieanlage auf einem Dach gebilligt: Hier seien die Staatszielbestimmungen zugunsten des Umweltschutzes (Art. 20a GG) mit der Staatszielbestimmung zugunsten des Denkmalschutzes (Art. 36 Abs. 4 LV Sachsen-Anhalt) gegeneinander abzuwägen; der Umweltschutz genieße insoweit nicht immer und überall Vorrang.

Die weitere Rechtsentwicklung bleibt abzuwarten. Auch künftig wird nicht jedes energetische Vorhaben bei Baudenkmälern unmittelbar zu genehmigen sein, aber immerhin ist insoweit eine deutliche Flexibilisierung der Rechtslage festzustellen.

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