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Unternehmensfortführung ohne rechtssichere Abrechnungsgrundlage?

Übergangsvereinbarungen zur Umstellung auf die Rechtslage nach dem BTHG

In verschiedenen Bundesländern enden Übergangsvereinbarungen zur Umstellung des Leistungserbringungs- und Vereinbarungsrechts auf die Rechtslage nach dem BTHG zu unterschiedlichen Zeitpunkten, u. a. zum 31. Dezember 2023 in Baden-Württemberg. Aktuell ist nicht absehbar, dass in dem verbleibenden Zeitfenster flächendeckend Vereinbarungen nach der neuen Rechtslage abgeschlossen werden können. Wenn diese Übergangsvereinbarungen nicht verlängert oder neu abgeschlossen werden, droht mithin ein vertragsloser Zustand mit der Folge, dass weder eine Leistungserbringung noch eine Abrechnung rechtlich möglich ist. Auswirkungen wären die Erbringung der Leistungen ohne Vergütungsanspruch oder die Einstellung der Angebote. Diese Problemlage muss sich im anstehenden Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2022 sowie im weiteren Vorgehen auf der Verhandlungsebene niederschlagen.

Die Unternehmensführung hat im Zuge der Jahresabschlusserstellung eine Einschätzung der Fähigkeit des Unternehmens zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit vorzunehmen. Denn diese definiert die Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden in der Bilanz. Zudem ist im Lagebericht auf die Fähigkeit zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit einschließlich bestehender wesentlicher Unsicherheiten (bestandsgefährdende Risiken) einzugehen. Die Geschäftsführung eines Unternehmens der Eingliederungshilfe hat sich zum Jahresbeginn 2023 angesichts der skizzierten rechtlichen Situation ganz konkret und unmittelbar mit der Beurteilung der Fähigkeit zur Unternehmensfortführung zu beschäftigen. Denn das Risiko des Vorliegens eines vertragslosen Zustands (auch erst ab dem 1. Januar 2024) stellt die Unternehmensfortführung erheblich in Frage. Derartige wesentliche Unsicherheiten, die Zweifel an der Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufwerfen, sind im Abschluss eindeutig zu benennen, sofern sie nicht bis zur Aufstellung des Abschlusses ausgeräumt sind. Anzugeben sind zudem die Pläne der gesetzlichen Vertreter zum Umgang mit diesen Gegebenheiten. Auf die Unsicherheit und das daraus folgende bestandsgefährdende Risiko ist im Anhang einzugehen. Um Risiken zu minimieren, müssen auf Verhandlungsebene die nachfolgenden Schritte eingeleitet bzw. weiterverfolgt werden:

  • Zeitnahe und sorgfältige Vorbereitung von Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen nach neuer Rechtslage
  • Aufforderung zu Verhandlungen
  • Einleitung des Schiedsstellenverfahrens nach Ablauf der Karenzfrist

Fazit

Festzuhalten bleibt, dass der Sicherstellungsauftrag für die Leistungen für Menschen mit Behinderungen beim Leistungsträger liegt, der sich wiederum nicht leisten können dürfte, diesem Sicherstellungsauftrag nicht nachzukommen, also vertragslose Zustände in Kauf zu nehmen. Dies gibt jedoch dem Leistungserbringer zum heutigen Zeitpunkt keine hinreichende rechtliche Sicherheit. Insoweit besteht die Herausforderung für die Geschäftsführung, eine gut begründete Prognose unter erheblicher Unsicherheit abzugeben.

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