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„Zurück in die Zukunft“: Die Wohnungsgemeinnützigkeit

Effektiv mehr bezahlbaren Wohnraum?

Die Wohnungsgemeinnützigkeit kann in Deutschland auf eine recht lange Tradition zurückschauen. Schon früh hat sich die Idee entwickelt, dass diejenigen Unternehmen, die auf Rendite verzichten, um Menschen bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, dafür vom Staat in Form von Steuerbefreiungen belohnt werden sollen.

Das bis zu seiner Abschaffung im Jahr 1990 geltende Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz wurde im Jahr 1940 eingeführt. Vor allem in der Nachkriegszeit wurde das Modell stark frequentiert und eine große Masse an Wohnungen für die Breite der Bevölkerung steuerbefreit errichtet. Zunehmend wurden aber auch Fehlentwicklungen und mangelnde Effektivität des Gesetzes kritisiert. Dies führte dann zur ersatzlosen Streichung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes.

Aufgrund der allerorts stark gestiegenen Mieten und der Schwierigkeiten von vielen Menschen auf dem realen Wohnungsmarkt Fuß zu fassen, ist die Diskussion um eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit jedoch wieder entflammt.

Dabei wird häufig außer Acht gelassen, dass es bereits eine steuerliche Förderung für bestimmte Wohnungsunternehmen gibt. § 5 Absatz 1 Nr. 10 Körperschaftsteuergesetz (KStG) befreit Vereine und Genossenschaften von der Körperschaftsteuer, soweit sie Wohnungen herstellen oder erwerben und sie den Mitgliedern auf Grund eines Mietvertrags oder auf Grund eines genossenschaftlichen Nutzungsvertrags zum Gebrauch überlassen […].

Vermietungsvereine und -genossenschaften können somit körperschaftsteuer- und gewerbesteuerfrei Wohnraum an ihre Mitglieder vermieten. Auch eine Vermietung an Nichtmitglieder ist möglich, soweit der Anteil dieser nichtbegünstigten Tätigkeiten die Schwelle von 10 % bzw. 20 %, wenn gleichzeitig Einnahmen aus der Lieferung von Strom vorliegen, nicht übersteigt.

Die Regelung des § 5 Absatz 1 Nr. 10 KStG bezüglich der Nutzung für Nichtmitglieder wurde von der Finanzverwaltung bis zum 31.12.2023 auf Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine ausgedehnt, indem diese nicht in die 10%-Grenze eingerechnet werden.

Weiterhin können nach §§ 51 f. AO anerkannte steuerbegünstigte Unternehmen für Personenkreise, die nach § 53 Nr. 1 oder 2 AO persönlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftig sind, schon jetzt Wohnraum steuerbegünstigt zur Verfügung gestellt werden, wenn dieses durch entsprechende Regelungen in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist.

Zu erkennen ist, dass es bereits aktuell eine Reihe gesetzlicher Möglichkeiten gibt, Wohnraum an vulnerable Gruppen durch entsprechende Unternehmen steuerbefreit zur Verfügung zu stellen.

Entsprechend sieht das vorgelegte Eckpunktepapier u. a. auch eine Lösung innerhalb der AO-Gemeinnützigkeit vor. So beschreibt die Option 2 eine Umsetzung des NWG „durch eine Ausweitung der jetzt bereits steuerbegünstigten Zwecke gemäß § 52ff. Abgabenordnung (AO) durch die Aufnahme eines speziellen „wohngemeinnützigen“ Zwecks. Dieser könnte zum Beispiel lauten:

„Zulässiger gemeinnütziger Zweck ist die dauerhafte vergünstigte Wohnungsvermietung an bestimmte Personengruppen sowie in Grenzen auch an Personen außerhalb der eigentlichen Zielgruppe, um eine soziale Durchmischung der Quartiere sicherzustellen.“

Die etwaige Einbeziehung von Mitarbeiterwohnungsbau soll nach dem Eckpunktepapier ebenfalls geprüft werden. Regelungen zur Vermögensbindung und der Selbstlosigkeit sollen analog den geltenden Vorschriften gelten, darüber hinaus wird die Gewährung folgender weiterer Erleichterungen geprüft:

  • Möglichkeit der erleichterten Bildung von Gewinnrücklagen, um Mittel für größere Investitionen (Neubau, Sanierung) anzusparen.
  • Ausweitung der Möglichkeit, neben dem wohngemeinnützigen Zweck einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu unterhalten.

Das Modell „Option 2“ wäre fokussiert auf Unternehmen mit sozialer Ausrichtung. Ob derartige Unternehmen in einer neuen AEAO-Wohngemeinnützigkeit allein auf der Grundlage von steuerbefreiten Einkünften aus der preisgedämpften Vermietung eine selbstständige nachhaltige Tragfähigkeit erreichen können, ist aktuell fraglich. Das Engagement könnte insoweit durch zielgerichtete Investitionsförderprogramme für derartige Unternehmen unterstützt werden. Zudem wäre eine Konformität mit der EU-Beihilfe-Regulierung sicherzustellen.

Für die dringend gebotene Wohnraumversorgung großer Bevölkerungsschichten nach passenden gesetzlichen Regularien zu suchen, erscheint aktuell unabdingbar. Mit Blick auf die seit den neunziger Jahren geltende Ertragssteuerbefreiung für sog. Wohnungsgenossenschaften (§ 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG) ist zu konstatieren, dass damit das seinerzeit verfolgte gesetzgeberische Ziel, bestimmte Bevölkerungsschichten mit Wohnraum zu versorgen, offenbar Erfolg hatte.

Für eine weitergehende Wohnraumversorgung kann zudem auf die bestehenden gemeinnützigkeitsrechtlichen Regelungen (§§ 51 f. AO) zurückgegriffen werden, soweit hier Menschen mit persönlichen oder wirtschaftlichen Hilfebedarf (§ 53 AO) Wohnraum zur Verfügung gestellt werden soll. Allerdings ist davor zu warnen, diese Aufgabe vollumfänglich den steuerbegünstigten Unternehmen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft zuzuweisen, da diese gerade als sog. „systemrelevante Unternehmen“ in Krisenzeiten das gesellschaftliche Fortbestehen maßgeblich unterstützt haben.

Insoweit gilt es, mit dem Vorhaben einer Einführung der Wohngemeinnützigkeit neue Akteure am Markt zu identifizieren, die sich bereit erklären, im Bewusstsein reduzierter Renditeerwartungen diese Aufgaben gleichwohl mitzutragen. Gelingt dieses, kann die Eingangsfrage mit einem „Ja“ beantwortet werden. Sie haben noch weitere Fragen zum Thema? Gerne stehen Ihnen unsere Expert:innen zur Seite. Jetzt Kontakt aufnehmen!