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BMF ändert Verwaltungspraxis!

AEAO vom 06.08.2021

§ 58 Nr. 1 AO - Mittelbeschaffung für steuerbegünstigte Unternehmen – Überblick

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 hat der Gesetzgeber die gesetzlichen Möglichkeiten zur Förderung anderer steuerbegünstigter Körperschaften sowohl verschlankt als auch ausgeweitet. Zugleich wurde der Mittelbegriff auf Sachleistungen aller Art ausgedehnt, so z. B. auch auf Nutzungsüberlassungen oder (Verwaltungs-)Dienstleistungen. Das Erfordernis einer Satzungsermächtigung (sog. Förderklausel) wurde grundsätzlich auf reine Beschaffungskörperschaften beschränkt, sodass steuerbegünstigte Unternehmen zukünftig Mittel (auch) für die Verfolgung satzungsfremder steuerbegünstigter Zwecke an Dritte in nahezu beliebiger Höhe bereitstellen dürfen.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun mit der Überarbeitung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (kurz: AEAO) vom 6. August 2021 überraschenderweise die langjährige Verwaltungspraxis geändert und ordnet Sachleistungen, die einem anderen steuerbegünstigten Träger nachweislich unentgeltlich oder verbilligt, d.h. gegen bloßen Kostenersatz gewährt werden, dem ideellen Bereich bzw. einem steuerbegünstigten Zweckbetrieb zu. Damit folgt das BMF den langjährigen Forderungen des Schrifttums und der Beratungspraxis, für derartige Sachleistungen keine fiktiven Gewinne mehr versteuern zu müssen.

Positionierung der Finanzverwaltung

Tz. 7 zu Abschn. 58 AEAO lautet künftig wie folgt:

Werden unentgeltlich oder lediglich gegen Kostenübernahme Nutzungen überlassen oder Dienstleistungen erbracht und diese Nutzungen und Dienstleistungen bei der Empfängerkörperschaft dem steuerbegünstigten Bereich zugeordnet, sind diese bei der Geberkörperschaft dem ideellen Bereich bzw. dem Zweckbetrieb zuzuordnen. Folglich können die eingesetzten Vermögensgegenstände aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert werden.

Werden Nutzungsüberlassungen oder Dienstleistungen gegen einen die entstandenen Kosten übersteigenden Betrag erbracht, sind diese grundsätzlich dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (wiGB) bzw. der Vermögensverwaltung zuzuordnen und können damit nicht aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert werden. In diesem Fall findet § 58 Nr. 1 AO keine Anwendung.“

Nach dem AEAO gilt diese Regelung subsidiär zu § 57 Abs. 3 AO, d. h. sind Nutzungsüberlassungen oder Dienstleistungen Gegenstand einer Kooperation nach § 57 Abs. 3 AO, richtet sich deren Behandlung nach dieser Vorschrift.

Folgen für die Praxis

Die Neuregelung gilt nach dem Wortlaut des AEAO mit sofortiger Wirkung zur Anwendung in allen offenen Fällen. In der Praxis bedeutet dies, dass ein Leistungsaustausch, zum Beispiel in Form von Verwaltungsleistungen zwischen steuerbegünstigten Unternehmen (sog. Intercompany-Umsätze), der bisher (auch) bei bloßen Kostenersatz als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (wiGB) deklarationspflichtig war, zukünftig als Zweckbetrieb anzusehen ist und damit eine Deklarationspflicht entfällt.

Damit ergeben sich für bereits abgegebene Steuererklärungen, und laufende steuerliche Außenprüfungen interessante Optimierungsmöglichkeiten. Wesentliches Problemfeld dürfte dabei der Nachweis des tatsächlichen Kostenersatzes sein. Eine rechtssichere Gestaltung könnte zukünftig in der Vereinbarung sog. Kostenumlageverträge liegen (Curacontact 1/2019 – Leistungsverrechnung im gemeinnützigen Verbund).