Neuigkeiten

Die Grundsteuerreform in der Eingliederungshilfe

Folgen und Auswirkungen

Die Grundsteuer hat bei steuerbegünstigten Einrichtungsträgern der Eingliederungshilfe in den letzten Jahren wenig Beachtung gefunden, da man aufgrund der Grundstücksnutzung für steuerbegünstigte Zwecke regelmäßig von einer Steuerbefreiung ausgegangen war. Aufmerksamkeit erlangte sie allenfalls, wenn ein Grundstück neu erworben oder eine Nutzungsänderung vorgenommen wurde oder eine Gemeinde ihren Hebesatz angepasst hat. Ebenso hielt sich der Spielraum für Steuergestaltungen in Grenzen. Umso beachtlicher sind die aktuelle Reform der Grundsteuer und die Auswirkungen, die diese mit sich bringt.

Besonderheiten der Eingliederungshilfe

Für steuerbegünstigte Körperschaften i.S.d. §§ 51 ff. AO gelten grundsätzlich weitreichende Steuerbefreiungen in der Grundsteuer, soweit der Grundbesitz für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke genutzt wird. Dies gilt grundsätzlich auch für Einrichtungsträger der Eingliederungshilfe. Dabei ist aber zu beachten, dass es gerade für diese Unternehmen steuerrechtliche Besonderheiten gibt. Die Steuerbefreiung in der Grundsteuer gilt jedoch nur, soweit der Grundbesitz auch für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke genutzt wird (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 GrStG). Soweit ein Grundbesitz im Rahmen der Vermögensverwaltung oder eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs genutzt wird, ist regelmäßig von einer Grundsteuerpflicht auszugehen. Hinzu kommt, dass das Grundsteuergesetz eine Grundsteuerbefreiung für Wohnungen ausschließt; diese unterliegen hiernach in jedem Fall der Grundsteuer (§ 5 Abs. 2 GrStG).

Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, Vermögensverwaltung

Einrichtungsträger aus der Eingliederungshilfe begründen mit ihren Werkstätten für behinderte Menschen und Inklusionsbetrieben regelmäßig ertragsteuerfreie Zweckbetriebe nach § 68 Nr. 3 Buchstaben a und c AO. In diesen Fällen wird der Grundbesitz grundsätzlich auch nach der neuen Gesetzeslage von der Grundsteuer befreit. Jedoch verbergen sich auch in diesen Bereichen oftmals steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, bspw. die Stromeinspeisung durch eine Fotovoltaikanlage bzw. ein Blockheizkraftwerk oder der Betrieb eines Kiosks/einer Mitarbeitercafeteria. Auch ist es üblich, dass teilweise Flächen sowohl für den Zweckbetrieb als auch für einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb genutzt werden. In derartigen Fällen bedarf es einer besonders sorgfältigen Aufarbeitung des jeweiligen Einzelfalls und in der Folge einer fundierten Auslegung und Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen, um einer ordnungsgemäßen und sachgerechten Erfüllung der grundsteuerrechtlichen Pflichten nachkommen zu können.

Auch darf nicht übersehen werden, dass Tätigkeiten im Rahmen der Vermögensverwaltung, bspw. die Vermietung bzw. Verpachtung von Grundvermögen, mangels Nutzung für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke grundsätzlich nicht unter die Grundsteuerbefreiung fallen. Etwas anderes gilt bei Grundstücksvermietungen nur dann, wenn der Mieter des Grundstücks eine steuerbegünstigte Körperschaft ist und das Grundstück für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke genutzt wird. In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass insbesondere bei Vermietungen innerhalb von Konzernstrukturen an gewerbliche Konzerngesellschaften durch die Reformänderungen innerhalb des Gemeinnützigkeitsrechts positive Steuervorteile erlangt werden können. Durch die nunmehr existierende Möglichkeit, auch gewerbliche Unternehmen im Rahmen von § 57 Abs. 3 AO in die Gemeinnützigkeit zu überführen, können auch die Vermietungen dem Zweckbetrieb zugeordnet werden. Hierdurch kann insoweit eine Befreiung von der Grundsteuer erreicht werden. Es kann sich somit auch im Hinblick auf die Grundsteuer lohnen, die Vorteile der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts näher zu betrachten.

Wohnen für behinderte Menschen

Ein wesentlicher Teil der Eingliederungshilfe besteht darin, behinderten Menschen ein auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Wohnangebot, meist im Zusammenhang mit entsprechenden Betreuungs- und Pflegeleistungen, anbieten zu können. Dies begründet regelmäßig einen einheitlichen Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 1 AO, wenn eine gegenseitige Abhängigkeit der entsprechenden Verträge im Sinne der §§ 1, 2 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) besteht. Sollte ein entsprechender Zweckbetrieb vorliegen, so wären grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Grundsteuerbefreiung als erfüllt anzusehen. Insbesondere im Wohnbereich der Eingliederungshilfe ist jedoch zu bedenken, dass § 5 Abs. 2 GrStG eine Grundsteuerpflicht für Wohnungen ausnahmslos vorsieht. Führt nun also die Grundsteuerbefreiung an dieser Stelle, trotz Zweckbetriebs, ins Leere? Dies gilt es im Einzelfall zu prüfen. Zum einen ist Wohnraum nicht unmittelbar mit Wohnung im steuerrechtlichen Sinne gleichzusetzen; während die Überlassung von Wohnraum noch grundsteuerfrei sein kann, ist dies bei Wohnungen im Sinne des Bewertungsrechts gerade nicht mehr der Fall.

In diesem Zusammenhang ist allerdings auch zu hinterfragen, ob im Rahmen der Reform der Grundsteuer die Folgen aus der Einführung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) und dessen Auswirkungen auf § 5 Abs. 2 GrStG überhaupt bedacht wurden. So stellen bspw. besondere Wohnformen nach dem Sozialrecht (§ 42a SGB XII) gerade keine „Wohnung“ dar, könnten jedoch dessen ungeachtet von der Systematik des § 5 Abs. 2 GrStG erfasst werden.

Fazit

Die Grundsteuerbefreiung für besondere Wohnformen wäre bei rein technischer Betrachtung nach dem Bewertungsgesetz bereits in der Vergangenheit ein relevantes Thema und rückt aktuell aufgrund der unmittelbar bevorstehenden Umsetzung der Grundsteuerreform besonders in den Fokus. Im Rahmen der neuen Feststellung der Grundsteuerwerte sollte die Finanzverwaltung auf das Erfordernis der teleologischen Reduktion bei der Festsetzung der Grundsteuer aufmerksam gemacht werden, um eine Grundsteuerbefreiung für besondere Wohnformen zu erlangen.

Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!