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EGH gefordert

Strategisch den Herausforderungen begegnen

Für die Leistungserbringer der Eingliederungshilfe (EGH) gemäß SGB IX stehen in allen wichtigen Leistungsbereichen aufgrund des Bundesteilhabegesetzes Veränderungen bevor. Zusätzlich entsteht auf verschiedenen Seiten Druck durch aktuelle Herausforderungen wie Nachhaltigkeit, Fachkräftemangel bzw. Personalmanagement und Digitalisierung.

Leistungsangebot zukunftsorientiert verändern

Für verschiedene Anbieter der EGH wird sich das Leistungsangebot zukünftig verändern. Betroffen sind Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM), die Soziale Teilhabe wie beispielsweise Wohneinrichtungen sowie der Kinder- und Jugendhilfe.

Es wird vorwiegend seitens der UN die gänzliche Abschaffung bzw. eine grundsätzliche Änderung von Werkstätten in der jetzigen Form gefordert. Um diesem politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Druck standzuhalten, muss sowohl auf Ebene der Verbände – also auch auf Ebene der Leistungserbringer – strategisch proaktiv gehandelt werden, um den Transformationsprozess aktiv zu steuern und weiterhin leistungsfähig bleiben zu können. In der Sozialen Teilhabe werden zukünftig eher „ambulante“ Leistungen gemäß SGB IX erbracht werden. Die klassische Leistungstypisierung sollte mehr und mehr entfallen, sodass stattdessen jeder Mensch individuelle Leistungen, die auf seinen/ihren tatsächlichen Bedarf zurückzuführen sind, erhalten kann. Entsprechend erfolgt ein Systemwechsel, indem die Institutions- durch die Personenzentrierung ersetzt wird.

Doch wie geht man damit als Leistungserbringer nun um? Zunächst muss das Leistungsangebot genauer betrachtet werden, damit dann entschieden werden kann, inwiefern dieses zukünftig noch unter den neuen Bedingungen nachgefragt und auskömmlich refinanziert ist und für welche weiteren Zielgruppen angepasste und neue Angebote möglich und sinnvoll wären. Im zweiten Schritt müssen das Leitbild und die Handlungsmodelle angepasst werden, sodass Grundsätze wie Personenzentrierung und Inklusion im Fokus stehen. Darauffolgend sollte ein Steuerungskonzept erstellt werden, wie zukünftig die ermittelten Leistungen erbracht, miteinander vernetzt und gesteuert werden können. Im letzten Schritt wird dann die entsprechende Leistungs- und Vergütungsvereinbarung erstellt und schlussendlich vereinbart.

Zukünftig (gem. aktuellem Stand: Jahr 2028) fallen Leistungen für alle Kinder mit körperlicher und/oder geistiger Behinderung nicht mehr in die EGH, sondern in das SGB VIII, die Kinder- und Jugendhilfe, in der heute schon die Leistungen für junge Menschen mit seelischer Behinderung geregelt sind. Aufgrund einer stark unterschiedlichen Leistungssystematik muss das System sozusagen fusioniert werden, obwohl die entsprechenden Verfahren derzeit noch unbekannt sind und teilweise keine Schnittstellen aufweisen.

Dafür sollten exklusive Leistungen zu inklusiven Leistungen umgebaut oder Alternativen neu aufgebaut werden. Partnerschaften mit Leistungserbringen der KiJuHi können helfen, die Systeme zu vereinen und eine Einarbeitung in das Leistungs- und Rechtssystem erleichtern. Auch wenn 2028 weit entfernt klingt, ist die Anpassung enorm und sollte deswegen bereits jetzt angegangen werden.

Nachhaltige Transformation strategisch und organisatorisch anstoßen

Ab 2026 besteht für ca. 15.000 Unternehmen in Deutschland, die folgende Kriterien erfüllen (mehr als 250 Mitarbeiter:innen; über € 40 Mio. Umsatz; über € 20 Mio. Bilanzsumme) die Pflicht einen jährlichen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Dies trifft daher auch Leistungsanbieter der EGH. Darüber hinaus fordern mittlerweile auch Kund:innen, Mitarbeiter:innen und Banken/Versicherungen die Entwicklung und Implementierung einer Nachhaltigkeitsstrategie. Es gilt hierbei zu beachten, dass Nachhaltigkeit nicht nur Faktoren zum Thema Umwelt, sondern auch zu sozialen Aspekten und der Führung des Unternehmens umfassen.

Leistungserbringer sollten eine nachhaltige Transformation bereits jetzt anstoßen. Ein Lösungsansatz für das Nachhaltigkeitsmanagement ist die Implementierung eines eigenen Kennzahlensystems, mit dem die einzelnen Ziele gemessen, kontrolliert und gesteuert werden können. Dadurch fällt es dem Management nicht nur leichter die Ziele zu verfolgen, sondern auch der Nachhaltigkeitsbericht lässt sich so schneller erstellen.

Aktiv gegen Fachkräftemangel steuern und managen

Auch die EGH hat mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen. Infolge der zusätzlichen Anforderungen durch das BTHG, einer zunehmenden Komplexität der Aufträge und einer starken Kritik an der Vergütung, denken immer mehr Fachkräfte daran, ihren Job zu wechseln. Dadurch wird die Arbeitsbelastung jedoch noch höher und aufgrund dieser Personalnot ist die Versorgungsqualität teilweise nicht mehr gewährleistet.

Dementsprechend sollten Leistungserbringer jetzt aktiv werden, nicht nur bei der Personalsuche und
-auswahl, sondern besonders bei der Personalbindung, indem sie Fachkräfte mit innovativen Maßnahmen langfristig an das Unternehmen binden. Ein attraktiver und transparenter Arbeitgeber kann beispielsweise mithilfe von Corporate Benefits, Mentorenprogrammen, Langzeitarbeitskonten und regelmäßigen Feedbackgesprächen das Wohlbefinden der Mitarbeiter:innen langfristig stärken. Darüber hinaus gehört zu einem strategischen Personalmanagement eine breit angelegt Personalentwicklung sowie eine effektive Personalsteuerung.

Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen

Die meisten Leistungsanbieter der EGH sind nur bedingt digital aufgestellt und schrecken eher davor zurück bestehende Leistungserbringungs- bzw. Leistungsdokumentations- und Abrechnungsprozesse durch innovative Softwarelösungen zu unterstützen. Dies geht immer mit einem erhöhten Investitionsbedarf einher, sollte daher dringlich vergütungsrelevant betrachtet werden und kann auch durch eine Vielzahl geförderter Projekte ergänzt werden. Darunter zählen beispielsweise Systeme zum Erlernen von Arbeitsschritten, hilfreiche Roboter oder Programme zur Prozesssteuerung. Einrichtungen, die sich jetzt schon mit ihrer Digitalisierung auseinandersetzen und sinnvoll nutzen, können dadurch nicht nur ihre Prozesse verbessern, sondern auch die digitale Kompetenz und die daran gebundenen Erfahrungen ihrer Klient:innen verbessern.

Fazit

Die Herausforderungen sind vielfältig. Es ist daher ratsam, die vorwiegend eher operative Betrachtungsebene zu verlassen und stärker strategisch (mehrjahresbasiert) die verschiedenen Punkte zu sortieren und zu verbinden. Beispielweise kann ein eher agiler Führungsansatz, der sowohl beständige als auch dynamische Zusammenarbeit der Mitarbeiter:innen fördert, zur Bewältigung und Bearbeitung aktueller Aufgaben passend sein. Überdies sollte speziell die Leitungsebene ein tiefergehendes Wissen über Projektmanagement aufbauen, damit kurzfristig bereits die projektorientierte Bearbeitung von Einzelthemen möglich wird. Zudem gilt es, bei allen Mitarbeiter:innen Offenheit gegenüber Veränderungen, beispielweise durch uneingeschränkte Transparenz oder durch das Hervorheben der positiven Effekte, zu erzeugen.

Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!