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Entscheidung zur Umsatzsteuerlichen Organschaft

Öffentliche Hand auch hoheitlicher Bereich!?

Umsatzsteuerliche Organschaften und die öffentliche Hand

Leistungsbeziehungen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) und ihren Eigengesellschaften begründen in der Praxis regelmäßig – aufgrund der intensiven Leistungsbeziehungen und personellen Verflechtungen – eine umsatzsteuerliche Organschaft. Diese führt dazu, dass Eigengesellschaft und jPdöR umsatzsteuerlich als ein Unternehmer zusammengefasst werden. Leistungen innerhalb dieses Organkreises werden als nicht umsatzsteuerbare Leistungen behandelt (sog. nichtsteuerbare Innenumsätze).

Beispiel:

Zwischen einer Stadt (mit ihrem Betrieb gewerblicher Art (BgA) Betriebsaufspaltung) und ihren Stadtwerken besteht eine umsatzsteuerliche Organschaft. Die Stadtwerke erbringen Leistungen an das als BgA geführte Schwimmbad der Stadt. Außerdem versorgen sie das Rathaus.

Lösung:

Die Leistungen an den BgA Schwimmbad stellen nichtsteuerbare Innenumsätze dar; eine umsatzsteuerliche Belastung wird nicht begründet. Der Vorsteuerabzug der Stadtwerke richtet sich nach den Ausgangsleistungen des BgA.

Die Frage, wie mit den Leistungen an den hoheitlichen Bereich (Rathaus) umzugehen ist, wurde kürzlich vom Finanzgericht (FG) Niedersachsen entschieden.

Behandlung von Leistungen an den hoheitlichen Bereich

Das FG Niedersachsen stellt in seinem Urteil vom 16.10.2019 (5 K 309/17) – in Einklang mit der BFH-Rechtsprechung; Urteil vom 20.8.2009 (V R 30/06) – zunächst klar, dass auch jPdöR Organträger sein können, wenn sie unternehmerisch tätig sind. Zu einer Beschränkung der Organschaft auf den unternehmerischen Bereich der jPdöR kommt es allerdings nicht. Damit werden auch die an hoheitliche Bereiche – wie bspw. das Rathaus oder die Abwasserkläranlage – erbrachten Leistungen innerhalb der Organschaft erbracht. Es liegen also ebenfalls nichtsteuerbare Innenumsätze vor.

Die Finanzverwaltung wollte diese Umsätze dennoch als unentgeltliche Wertabgabe (§ 3 Abs. 9a UStG) besteuern. Dies setzt die Erbringung unentgeltlicher Leistungen für unternehmensfremde Zwecke voraus. Das FG entschied nun, dass bei Leistungen an den hoheitlichen Bereich keine unentgeltliche Wertabgabe vorliegt. Denn die Leistungen werden weder unentgeltlich erbracht, noch können hoheitliche Tätigkeiten mit unternehmensfremden Tätigkeiten gleichgesetzt werden. Im Ergebnis bleibt es daher dabei, dass die Leistungen an den hoheitlichen Bereich nichtsteuerbare Innenumsätze darstellen.

Aufteilung von Vorsteuerbeträgen

Die Leistungserbringung an den hoheitlichen Bereich löst nun keine Umsatzsteuer aus. Derartige Leistungsbeziehungen wirken sich allerdings auf die Höhe des Vorsteueranspruchs aus. Grundsätzlich darf für hoheitliche Tätigkeiten keine Vorsteuer in Anspruch genommen werden. Bezogen auf das Beispiel müssten die Stadtwerde nun ermitteln in welchem Umfang Leistungen an den BgA bzw. den hoheitlichen Bereich erbracht werden. Für den Anteil der auf den hoheitlichen Bereich entfällt, ist der Vorsteuerabzug grds. ausgeschlossen.

Bedeutung für die Praxis und EuGH-Vorlage

Im Urteilsfall hielt die Finanzverwaltung an ihrer Auffassung fest, so dass der Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden musste. Dieser hat den Fall inzwischen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt (BFH, Beschluss v. 07.05.2020 - V R 40/19). Die EuGH-Vorlage beinhaltet auch die seit längerem strittige Frage, ob die nationalen Regelungen zur umsatzsteuerlichen Organschaft mit den europarechtlichen Vorgaben vereinbar sind. Bis zu einer Entscheidung durch den EuGH sollten ähnliche Fälle in denen die Finanzverwaltung zu einer Umsatzsteuerpflicht kommt, mittels Einspruch offengehalten werden.

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