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Hinweisgeberschutzgesetz ante portas

Es gibt überzeugende Lösungen

Das sog. „Whistleblowing“ ist in Deutschland bislang nicht einheitlich geregelt. Das ändert sich sehr bald, denn das Hinweisgeberschutzgesetz steht vor der Türe. Es stärkt die Position von Hinweisgebern erheblich. In Zuge dessen werden Organisationen mit mehr als 50 Beschäftigten verpflichtet, interne Meldestellen einzurichten.

Was ist Whistleblowing?

Whistleblowing bezeichnet allgemein die Weitergabe von Missstands-Informationen an Adressaten innerhalb oder außerhalb der betroffenen Organisation – im zweiten Fall etwa an zuständige Behörden oder die Medien. Solche Hinweise soll der aktuelle Entwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG-E) als Umsetzung der EU-Richtlinie (EU) 2019/1937 gezielt fördern.

Sinn und Zweck von Wistleblowing

Einerseits handeln interne Hinweisgeber für die betroffene Organisation als Informationsmittler „von unten nach oben“. Sie melden Verstöße, die ansonsten intern nicht bekannt würden oder nicht zu Sprache kämen, und ermöglichen so der Organisation, den Missstand nachhaltig und diskret zu korrigieren.

Andererseits liefern externe Hinweisgeber den Strafverfolgungs-/Kontrollbehörden wichtige Ermittlungsansätze aus schwer zugänglichen Bereichen wie Korruption oder etwa Abrechnungsbetrug.

Das neue Wahlrecht von Hinweisgebern

Interne und externe Meldestellen stehen also in einem direkten Konkurrenzverhältnis. Das neue Hinweisgeber-Recht verschärft dies noch. Eine Person, die über Informationen zu Verstößen im Sinne des HinSchG-E verfügt, kann zukünftig frei entscheiden, ob sie diese intern und/oder direkt extern an die zuständige Behörde weitergibt (§ 7 Abs. 1). Über dieses Wahlrecht bzw. die zuständigen externen Meldestellen muss jede Organisation mit interner Meldestelle in klarer und leicht zugänglicher Weise informieren (§ 13 Abs. 2). Nur die Meldung an die Öffentlichkeit ist grundsätzlich nachrangig und nur in Ausnahmefällen direkt gestattet (Offenlegung, § 32).

Dabei reicht es aus, dass die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung/Offenlegung hinreichenden Grund hat anzunehmen, dass die Information richtig und gem. des HinSchG-E einschlägig ist (§ 33 Abs. 1). Whistleblowingfähig sind nicht nur Verstöße gegen sämtliche Strafnormen, sondern auch bestimmte Ordnungswidrigkeiten, die z. B. Leib/Leben/Gesundheit betreffen, sowie ein Katalog aus EU-, Bundes- und Landesrecht – u. a. zu Qualitäts-/Sicherheits-Standards bei Arzneimitteln/Medizinprodukten, zum Schutz personembezogener Daten oder der Umwelt (§ 2).

Weitreichender Schutz und Beweislastumkehr

Sämtliche benachteiligende Maßnahmen wegen rechtmäßigen Meldungen sind verboten (§ 36 Abs. 1) – z. B.: Kündigung, unterlassene Beförderung, Versetzung, Mobbing. Dabei gilt eine Beweislastumkehr (§ 36 Abs. 2). Kommt es nach einer Meldung/Offenlegung zu einer mit der beruflichen Tätigkeit zusammenhängenden Benachteiligung, so wird eine meldungsbedingte Repressalie vermutet. Der Beschäftigungsgeber muss das Gegenteil beweisen.

Idealerweise erfüllt eine interne Hinweisgeber-Meldestelle nicht nur die rechtlichen Anforderungen, sondern berücksichtigt darüber hinaus die praktischen Bedürfnisse von Hinweisgeber:innen.

Pflicht zu Einrichtung von internen Hinweisgeber-Systemen

Zulässig sind Meldungen nach dem HinSchG-E nur an die speziell einzurichtenden internen und externen Meldestellen. Daher verpflichtet § 12 Abs. 1, 2 Organisationen – gleich welcher Rechtsform – mit 50 oder mehr Beschäftigen zur Einrichtung einer solchen. Dabei bestimmen die § 13 ff. bestimmte Mindestvorgaben für die Meldestellen hinsichtlich Organisationsform, Meldekanälen, Verfahren mit den Meldungen und zu ergreifenden Folgemaßnahmen. Die Kanäle müssen u. a. vertrauliche Meldungen ermöglichen – mündlich und/oder schriftlich, auf Wunsch auch persönlich (§ 16 Abs. 3).

Eine Eingangsbestätigung an die hinweisgebende Person ist innerhalb von sieben Tagen zu senden, sodann mit ihr Kontakt zu halten, sie ggf. um weitere Informationen zu ersuchen, die Meldung auf rechtliche Relevanz/Stichhaltigkeit zu prüfen, und es sind erforderliche Folgemaßnahmen einzuleiten – etwa interne Untersuchungen (§§ 17 Abs. 1, 18). Der hinweisgebenden Person sind die geplanten/ergriffenen Folgemaßnahmen und die Gründe dafür nach spätestens drei Monaten rückzumelden (§ 17 Abs. 2). Dabei soll den verpflichteten Organisationen ermöglicht werden, mit den Aufgaben der internen Meldestelle auch Dritte zu beauftragen – z. B. externe Anwälte. Die Pflicht, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um einen etwaigen Verstoß abzustellen, bleibt dabei aber beim Beschäftigungsgeber (§ 14 Abs. 1).

Bußgeld und Konsequenzen

Für Verstöße gegen die Rechte von Hinweisgeber:innen und die Einrichtungs-/Betriebspflicht sind Bußgelder vorgesehen (§ 40) – für die Behinderung einer Meldung oder das Ergreifen auch nur einer einzigen Repressalie bis zu 100.000 Euro, für Nicht-Einrichtung/-Betrieb einer internen Meldestelle bis zu 20.000 Euro. Diese können sowohl die verantwortlichen Personen als auch über §§ 9, 30, 130 OWiG die Organisation selbst treffen.

Fazit

Darum ist betroffenen Organisationen dringend anzuraten, zeitnah aktiv zu werden und sich nicht auf eine minimalkonforme Lösung zu beschränken. Vielmehr sollten sie die Verpflichtung als Chance begreifen, eine optimal an den Bedürfnissen von Hinweisgeber:innen orientierte Meldestelle als „Frühwarnsystem“ einzurichten. Die Auslagerung an qualifizierte Dienstleister als Dritte bietet hierfür die aufwandsärmste und ggf. auch kostengünstigste Variante.

Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!

Die wichtigsten Informationen zum kommenden Hinweisgeberschutzgesetz haben wir Ihnen auch im Video zusammengefasst: