„Das bloße Erwerben, Halten und Veräußern von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen ist keine unternehmerische Tätigkeit“ (Abschnitt 2.3 Abs. 2 S. 1 UStAE).
Seit der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts wird auch die Frage diskutiert, ob die nach § 57 Abs. 4 AO vorzunehmende gemeinnützigkeitsrechtliche Zuordnung von Beteiligungen an steuerbegünstigten Unternehmen zum ideellen Bereich (vorher Vermögensverwaltung) auch für die Umsatzsteuer zu übernehmen ist, so dass derartige Beteiligungen bei der Holding umsatzsteuerlich dem nichtunternehmerischen Bereich zugeordnet werden müssen.
Dies könnte bei Holding-Unternehmen, die sich allein auf das Halten von Beteiligungen beschränken dazu führen, dass die Unternehmereigenschaft nicht mehr gegeben und damit mangels Unternehmereigenschaft die umsatzsteuerliche Organschaft gefährdet wäre. Hintergrund ist, dass Mitglieder einer Organschaft laut BFH-Urteil vom 12.10.2016 zwingend unternehmerisch tätig sein müssen.
Vor diesem Hintergrund ist bei der Konzeption von umsatzsteuerlichen Organschaften unter Beteiligung steuerbegünstigter Unternehmen grundsätzlich darauf zu achten, dass diese als sog. „Funktions-Holding“ rgm. durch eigene steuerbare Leistungen (z. B. durch Vermietungs- oder Verwaltungsleistungen) eine unternehmerische Tätigkeit begründen.
In seinem kürzlich veröffentlichten Urteil v. 11.05.2023 hat der BFH nun beiläufig ausgeführt, dass es für die wirtschaftliche Eingliederung nicht auf eine Zuordnung der Beteiligung zum Betriebsvermögen ankommt (BFH-Urt. v. 11.05.2023 V R 28/20). Es käme stattdessen maßgeblich auf die wirtschaftliche Verflechtung an und darauf, dass die Tätigkeiten von Mutter- und Tochtergesellschaft aufeinander abgestimmt sein, sich fördern und ergänzen müssen.
Aus der Äußerung des BFH lassen sich für die Praxis folglich zwei wesentliche Punkte ableiten:
- Bei deutlich ausgeprägter finanzieller und organisatorischer Eingliederung kann die wirtschaftliche Eingliederung auch weniger deutlich zu Tage treten. Für die Verflechtung reicht dann ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft aus. Sofern die gemeinnützigen Zwecke in den Satzungen der beiden Gesellschaften identisch sind, könnte diese Zweckidentität unseres Erachtens ggf. helfen, eine wirtschaftliche Verflechtung zu begründen.
- Es gilt auch weiterhin – zumindest für gewerbliche Unternehmen – der Grundsatz, dass eine Holdinggesellschaft als Organträgerin auch selbst unternehmerisch tätig sein muss. Fraglich bleibt allerdings, ob dies in gleichem Maße auf gemeinnützige Unternehmen zu übertragen ist. Insbesondere die ideelle Zusammenarbeit innerhalb eines gemeinnützigen Verbundes steuerbegünstigter Unternehmen sowie die damit einhergehende Verflechtung könnte geeignet sein, dass eine Holding auch ohne Unternehmereigenschaft im klassischen Sinne eine umsatzsteuerliche Organschaft begründen kann. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Finanzverwaltung zu dieser Auffassung positioniert.
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