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Jahresabschluss im Bereich von Pflegeeinrichtungen

Corona-Pandemie und Ukraine-Krise hinterlassen Spuren

Um eine finanzielle Überforderung der vollstationär versorgten Pflegebedürftigen in den Pflegegraden 2 bis 5 zu vermeiden, wird der von der pflegebedürftigen Person zu tragende Eigenanteil an den pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Ausbildungsumlagen mit zunehmender Dauer der vollstationären Pflege schrittweise durch den Leistungszuschlag nach § 43c SGB XI verringert.

In der Praxis ergeben sich Abrechnungsdifferenzen, da in der Ermittlung der von Pflegekassen gezahlten Leistungszuschlägen die Abwesenheitstage der Bewohner/-innen nicht eingeflossen sind. Ebenso gibt es auch bei den Sozialhilfeträgen kein einheitliches Vorgehen. Dies macht umfangreiche manuelle Nachbearbeitungen erforderlich.

Die Umsetzung gesetzgeberischer Maßnahmen zur Finanzierung der generalistischen Ausbildung von Pflegefachkräften unter Einbeziehung der Landesausbildungsfonds ist mit einem nicht unerheblichen bürokratischen Aufwand verbunden. Die bilanzielle Relevanz der Festsetzungs- und Zahlungsbescheide 2022 ist zu beachten, da in dem zu zahlenden Umlagebetrag 2022 auch die Spitzabrechnung der im Jahr 2020 zu wenig oder zu viel von den Bewohnern abgerechneten Beträge enthalten ist.

Als Erleichterung ist anzusehen, dass nach den entsprechenden FAQs bzw. Auskunft des BMG können die Vergütungszuschläge für zusätzliche Stellen im Bereich der Pflegefachkräfte ("13.000 Spahn-Stellen") und Pflegehilfskräfte („20.000 Hilfskräfte-Programm“) auch für bereits vorhandenes Personal vereinbart werden, sofern dieses über das nach der Pflegesatzvereinbarung gemäß § 84 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 SGB XI vorzuhaltende Personal hinausgeht.

Damit der Jahresabschluss ein zutreffendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage abbildet, kommt auch der Bildung von Rückstellungen eine erhebliche Bedeutung zu. Bei steuerpflichtigen Pflegeeinrichtungen eröffnen sich hierdurch auch in nicht unerheblichem Umfang bilanzpolitische Spielräume zur Reduzierung der Steuerlast.

Nach einem BHG-Urteil (Urt. v. 15.07.2021, Az. III ZR 225/20) ist eine Vereinbarung von Platz- oder Reservierungsgebühren für die Zeit bis zum Einzug sei unvereinbar mit den gesetzlichen Vorschriften und daher unwirksam. Die Entscheidung hat Geltung für alle Heimbewohnerinnen und -bewohner, egal ob gesetzlich oder privat pflichtversichert.

Wenn eine Pflegeeinrichtung in der Vergangenheit eine solche Freihalte- oder Reservierungsgebühr erhoben hat, ist zu prüfen, ob und in welcher Höhe eine Rückstellung für mögliche Rückzahlungsverpflichtungen solcher zu Unrecht erhobenen Gebühren zu bilden ist. Als strittig gilt, ob hierbei die sozialrechtliche Verjährungsfrist von vier Jahren gilt oder die zivilrechtliche Frist von drei Jahren.

Aufgrund der Verlängerung der Schutzschirm-Regelungen gemäß § 150 SGB XI bis zum 30.06.2022 sind auch weiterhin Zweifelsfragen zur Ermittlung der Erstattungsansprüche sowie zur Bilanzierung von Rückzahlungsrisiken im Hinblick auf das Nachweisverfahren von Corona-Erstattungen zu beantworten. Die Pflegekassen sind gehalten 10 % der Pflegeeinrichtungen zu prüfen und Nachweise einzufordern.

Für die Erstattungsmonate Januar bis Juni 2022 können Erstattungen bis drei Monate nach Beendigung des Pflege-Schutzschirms zum 30.09.2022 geltend gemacht werden. Nach den GKV-Festlegungen entfällt eine etwaige Rückzahlungsverpflichtung, wenn die Pflegekassen die Erstattungen des Jahres 2020 nicht innerhalb von 24 Monaten bis zum 31.12.2022 (Erstattungen des Jahres 2021 bis zum 31.12.2023) überprüfen. Aus den Erfahrungen aus den Abschlussprüfungen 2020/2021 erreichte die Rückstellungsbildung nicht selten eine Höhe zwischen 20 bis 40 % (max. 50 %) der erhaltenen Corona-Erstattungen. Auf Grund der Unsicherheiten und bestehender Auslegungsspielräume verbleiben im Zweifelsfall in nicht unerheblichem Umfang bilanzpolitische Spielräume.

Aktuell geraten Pflegeeinrichtungen durch ausufernde Inflationsraten finanziell unter Druck. Die Ukraine-Krise hat zu deutlichen Preissteigerungen im Bereich der Sachkosten und hier insbesondere bei den Energiekosten und dem Lebensmittelaufwand geführt.

Sprunghaft ansteigende Fahrtkosten gefährden insbesondere die Tagespflegen und ambulanten Dienste. Für den Zeitraum April 2021 bis April 2023 ist mit einem Anstieg der Sachkosten über 10 % zu Rechnen. Bei den kommenden Tarifverhandlungen ist zumindest mit einem teilweisen Ausgleich des inflationsbedingten Kaufkraftverlusts zu rechnen. Die Tariflöhne dürften bei den anstehenden Tarifverhandlungen im TVöD ab 01.01.2023 kräftig zulegen.

Zum 01.09.2022 wurde eine Anhebung des Pflegemindestlohns beschlossen. Ab dem 1. September 2022 werden nur noch Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen, die ihre Pflege- und Betreuungskräfte mindestens in Tarifhöhe bezahlen. Pflegeeinrichtungen stehen vor der Herausforderung, diese wachsenden Kostenbelastungen zeitnah über eine entsprechende Anpassung der Pflegesätze aufzufangen. Hierbei ist zu beachten, dass Einzelverhandlungen im Vergleich zu einer pauschalen Fortschreibung zeitaufwändiger sind.

Mit dem Nachweis und der Offenlegung der tatsächlichen Lohn- und Gehalts- sowie Sachkostenstrukturen sind auch Risiken verbunden.

In den Entgeltverhandlungen mit Pflege- oder Krankenkassen gelingt es erfahrungsgemäß nicht immer, dass Kostensteigerungen in voller Höhe anerkannt werden. Darüber hinaus droht bei einer kostenbasierten Pflegesatzverhandlung der Verlust von bisherigen Gewinnmargen, die als Risikopuffer zur Kompensation von temporären Belegungsrückgängen oder Schließung von Refinanzierungslücken zur Verfügung standen.

Da auf politischer Ebene aktuell keine weitergehenden Schutzschirm-Maßnahmen geplant zu sein scheinen, bleibt als Ultima Ratio die Möglichkeit, bei unvorhersehbaren wesentlichen Veränderungen der Annahmen, die der Vereinbarung oder Festsetzung der Pflegesätze zugrunde lagen, die Pflegesätze gemäß § 85 Abs. 7 SGB XI auf Verlangen einer Vertragspartei für den laufenden Pflegesatzzeitraum neu zu verhandeln.

Nicht übersehen werden darf, dass es bei erfolgreichen Pflegesatzverhandlungen für die Pflegebedürftigen zur Verteuerung kommt, die kurzfristig die Entlastungswirkungen der Leistungszuschläge nach § 43c SGB XI aufzehren oder übersteigen.

Der Gesetzgeber ist gefordert, für Pflegeeinrichtungen eine auskömmliche Finanzierung sicherzustellen und die Pflegebedürftigen vor einer pflegebedingten Altersarmut zu schützen. Wir unterstützen Sie bei allen Herausforderungen, die dabei auf Sie zu kommen. Jetzt Kontakt aufnehmen!