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(Keine) Reform des ermäßigten Steuersatzes?

Bundesrat fordert Streichung

Es geht weiter im Gesetzgebungsverfahren rund um das sog. Wachstumschancengesetz: Nach dem Referentenentwurf vom 14. Juli 2023 und dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 29. August 2023, meldete sich am 20. Oktober 2023 der Bundesrat mit seiner kritischen Stellungnahme zum geplanten Gesetzesvorhaben. Die Bundesregierung hat kürzlich auf die Stellungnahme des Bundesrates reagiert. Für gemeinnützige Körperschaften hoch interessant ist insbesondere die Kritik an der geplanten Neuregelung zum ermäßigten Steuersatz.

Geplante Änderungen zum ermäßigten Steuersatz

Künftig sollte für umsatzsteuerpflichtige Leistungen der Zweckbetriebe nach §§ 66 – 68 AO der ermäßigte Steuersatz (7 %) anzuwenden sein, “wenn die Leistungsempfänger oder die an der Leistungserbringung beteiligten Personen vom steuerbegünstigten Zweck der Einrichtung erfasst werden”. (s. unseren Beitrag unter https://www.curacon.de/neuigkeiten/neuigkeit/endlich-reform-des-ermaessigten-steuersatzes)

Dabei blieb fraglich, ob durch diese Neuregelung in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 4 UStG auch Kooperationsleistungen i.S.d. § 57 Abs. 3 AO bzw. § 58 Nr. 1 AO ermäßigt besteuert werden können. (s. unseren Beitrag unter https://www.curacon.de/neuigkeiten/neuigkeit/neue-perspektiven-durch-das-wachstumschancengesetz)

„Artikel 27 Nr. 1 ist zu streichen“

U. a. diese Fragen aus der Praxis haben dazu geführt, dass der Bundesrat Bedenken äußert. In seiner Stellungnahme thematisiert er die bislang ungeklärten Fragen hinsichtlich des anzuwendenden Steuersatzes auf Zweckbetriebe i.S.d. Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. Seine Forderung: „Artikel 27 Nr. 1 [zur Klarstellung, dass § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 3 UStG nur auf Leistungen von Zweckbetrieben nach §§ 66-68 AO anzuwenden ist] ist zu streichen“.

Als Hauptargument führt er ein mögliches Gestaltungspotenzial aus § 57 Abs. 3 AO an: Die Zweckbetriebsfiktion ermögliche insbesondere einer nicht vorsteuerabzugsberechtigten Körperschaft (bspw. einem Krankenhaus), die Leistungen von einer Servicegesellschaft empfängt, einen Steuervorteil. Schließlich würde sich bei ihr eine (um 12 %) geringere Umsatzsteuer auf den Eingangsumsatz direkt finanziell auswirken. Da es sich bei solchen Kooperationen regelmäßig um wettbewerbsrelevante Leistungen handele, sei die Anwendung der Umsatzsteuerermäßigung in diesen Fällen nicht gerechtfertigt. Solange diese Thematik nicht abschließend geklärt ist, rät der Bundesrat von einer Umsetzung des geplanten Gesetzesvorhabens ab.

Erweiterung des ermäßigten Steuersatzes ist erneut zu prüfen

Auch die geplante Klarstellung durch den neuen Satz 4 im § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG

„Körperschaften verwirklichen mit ihren in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetrieben ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst, wenn die Leistungsempfänger oder an der Leistungserbringung beteiligte Personen vom steuerbegünstigten Zweck der Einrichtung erfasst werden“.

wird vom Bundesrat kritisiert. Die Bundesregierung wird insoweit gebeten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob, bzw. inwieweit das Vorhaben zu einer ungerechtfertigten Ausweitung des Ermäßigungstatbestands führt. Zu prüfen sei, ob der verfolgte Zweck nicht auf geeignetere (andere) Art und Weise erreicht werden kann.

Reaktion der Bundesregierung

Inzwischen hat sich die Lage wieder etwas entschärft. Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag, bzw. die Prüfbitte des Bundesrats mit Gegenäußerung vom 26. Oktober 2023 ab. Die Neuregelung führe zu einem Gleichlauf von Umsatzsteuerrecht und Gemeinnützigkeitsrecht. Ein Auseinanderfallen der Wertungen sei wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Rechtsordnung abzulehnen. Auch seien ungerechtfertigte Wettbewerbsverzerrungen und insoweit missbräuchliche Gestaltungen nicht zu erwarten.

Ausblick

Die Einwände des Bundesrates scheinen die Bundesregierung nicht von der bisherigen Linie abzubringen. Nach dem vorläufigen Zeitplan ist bereits für den 10. November 2023 die Verabschiedung im Bundestag und für den 15. Dezember die Zustimmung des Bundesrates geplant. Ob diese Ziele eingehalten werden können und welche Regelungen es final ins Gesetz schaffen, bleibt abzuwarten. Es bleibt spannend.

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