Überblick
Wie so häufig sind gemeinnützige Körperschaften auch bei der Umsetzung der Grundsteuerreform zusätzlichen bürokratischen Hürden ausgesetzt. Denn auf den Stichtag zum 1. Januar 2022 sind grundsätzlich für alle wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes auf der Grundlage des reformierten Grundsteuer- und Bewertungsrechts Grundsteuerwerte gesondert festzustellen. Das bedeutet, dass erstmalig alle wirtschaftlichen Einheiten zu erklären sind; mit wenigen Ausnahmen auch dann, wenn sie von der Grundsteuer befreit sind. Gerade für steuerlich privilegierte Grundstücksbesitzer, wie z. B. gemeinnützige Körperschaften oder Körperschaften des öffentlichen Rechts bei privatrechtlicher bzw. unternehmerischer Nutzung, bedeutet die Erfassung sämtlicher wirtschaftlicher Einheiten einen deutlichen Mehraufwand gegenüber nicht begünstigten Grundstücksbesitzern. Denn letztere haben in der Regel bereits entsprechende Veranlagungsbescheide und müssen die so erfassten Daten allenfalls auf Aktualität überprüfen.
Die Vertretungsorgane sind verpflichtet, korrekte und vollständige Grundsteuererklärungen abzugeben. Verstoße gegen diese Deklarationspflichten können nicht nur Verschuldensvorwürfe bis hin zur Steuerhinterziehung auslösen. Aufgrund der strengen Anforderungen der Abgabenordnung an die ordnungsgemäße Geschäftsführung von gemeinnützigen Körperschaften in § 63 AO können unvollständige oder fehlerhafte Angaben sogar die Gemeinnützigkeit gefährden. Gleichzeitig müssen zahlreiche Sonderfälle richtig erfasst und beachtet werden. Fallen lauern u. a. bei der steuerlichen Einordnung von gemischt genutzten Flächen, wenn diese z. B. zum Teil der Verwirklichung gemeinnütziger Zwecke und zum Teil steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben dienen oder an dritte – nicht gemeinnützig tätige – Personen vermietet werden. Hier gilt es, die steuerliche Einordnung mit Augenmaß und viel Sorgfalt zu treffen.
Erschwerend hinzu kommt das sehr knapp bemessene Zeitfenster für die Deklaration. In dem Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Oktober 2022 sind Steuererklärungen von allen gewerblichen und gemeinnützigen Grundstückseigentümern einzureichen. Auf dieser Basis erfolgt sodann die Neubewertung und Veranlagung durch die Finanzverwaltung.
Einige Länderfinanzverwaltungen haben inzwischen Erleichterungen für steuerfrei genutzte Immobilien geschaffen. So ist für Immobilieneigentümer bzw. -besitzer in NRW, Niedersachsen, Hamburg z. B. vorgesehen, dass solche Immobilien, die gänzlich unter den Befreiungstatbestand der §§ 3 und 4 GrStG fallen, lediglich in einer Anlage aufzuführen sind. Die bayrische Finanzverwaltung hingegen befreit bisher nur juristische Personen des öffentlichen Rechts bei steuerbefreiter Nutzung gem. §§ 3 und 4 GrStG von der Abgabepflicht.
Egal ob die Angaben zu den wirtschaftlichen Einheiten in einer Grundsteuererklärung oder in einer Anlage zu dieser gemacht werden müssen: Sofern es sich um befreite, und damit bisher nicht von der Grundsteuerveranlagung erfasste Immobilien handelt, ist der Aufwand bei der Erfassung und Bilanz sämtlicher erforderlicher Daten über die wirtschaftlichen Einheiten gerade vor dem Hintergrund der knappen Zeitspanne nicht zu unterschätzen. Gleichzeitig bietet sich aber gezwungenermaßen eine gute Möglichkeit für die Unternehmen, sich einen grundlegenden und aktuellen Überblick über den Immobilienbestand und seine Nutzung zu verschaffen.
Berechnung der Grundsteuer
Die Berechnung der Grundsteuer erfolgt in drei Stufen: Zunächst wird auf der Basis der eingereichten Grundsteuererklärungen durch die Finanzverwaltung im Rahmen eines Grundsteuerbescheids die Grundsteuerwerte festgestellt. In der zweiten Stufe werden Grundsteuermessbescheide durch die Finanzverwaltung erlassen, welche die Grundlage für die Grundsteuerbescheide der Städte/Gemeinden (dritte Stufe) darstellen.
Bis zum 31.12.2024 erfolgt die Erhebung der Grundsteuer weiterhin auf Grundlage der alten Einheitswerte. Erstmalig zum 1. Januar 2025 wird die Grundsteuer anhand der neuen Grundsteuerwerte, welche auf den 1. Januar 2022 festgestellt werden, erhoben. Zukünftig soll alle sieben Jahre eine Hauptfeststellung durchgeführt werden, sodass die nächste Hauptfeststellung voraussichtlich auf den 1. Januar 2029 erfolgt.
Bundesmodell vs. Ländermodell
Der Bund hat grundsätzlich eine Regelung geschaffen, die bundeseinheitlich anwendbar ist (sog. Bundesmodell). Im Rahmen der Grundsteuerreform 2019 wurde den Bundesländern jedoch die Möglichkeit eingeräumt eine davon abweichende Regelung zu treffen. Von dieser Öffnungsklausel haben Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen Gebrauch gemacht. Das Saarland und Sachsen übernehmen grundsätzlich das Bundesmodell, wenden jedoch abweichende Steuermesszahlen an.
Besonderheiten für gemeinnützige Körperschaften
Grundsätzlich ist der Grundbesitz einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer gemeinnützig oder mildtätig anerkannten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse von der Grundsteuer befreit, soweit der Grundbesitz für gemeinnützige oder mildtätige oder andere der in den §§ 3, 4 GrStG genannten Zwecke genutzt wird. Diese Steuerbefreiung gilt jedoch grundsätzlich nicht, sofern es sich bei dem Grundbesitz um eine Wohnung i.S.d. Bewertungsrechts handelt oder Gebäude vorliegen, welche, ggf. anteilig im Rahmen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes verwendet oder an Dritte (z. B. gewerbliche Unternehmen) zu deren Nutzung überlassen werden.
Hinsichtlich der vielfältigen Faktoren und Details, von denen eine Steuerbefreiung abhängt, ist eine genaue Betrachtung der Nutzungsart der wirtschaftlichen Einheit unumgänglich.
Reform des Gemeinnützigkeitsrechts
Die mit Jahressteuergesetz 2020 umgesetzte Reform des Gemeinnützigkeitsrechts hat mit einer praxisnahen Erweiterung der Zuordnungsnormen auch für den Anwendungsbereich der Grundsteuerbefreiungsnormen neue Möglichkeiten geschaffen. Z. B. wenn das einer Servicegesellschaft zur Nutzung überlassene Grundvermögen nunmehr aufgrund deren Wechsels in die Gemeinnützigkeit u. U. unmittelbar zu Verwirklichung gemeinnütziger Zwecke genutzt wird. Hier gilt es den Chancen der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts einmal mehr Aufmerksamkeit zu widmen.
Definition des Wohnungsbegriffs
Mit Blick auf die gravierenden Veränderungen bei der Leistungsabrechnung im Zuge der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes muss ernsthaft in Rede gestellt werden, ob der Grundsteuerreformgesetzgeber diese besonderen Wohnsettings überhaupt im Blick gehabt hat. Obschon besondere Wohnformen nach dem Verständnis des Sozialrechts (§ 42a Abs. 2 Nr. 2 SGB XII, …… „Leistungsberechtigte, die nicht in einer Wohnung …leben“) und z. B. auch des Ordnungsrechts gerade keine Wohnungen sein können, können sie aufgrund der gesetzlichen Systematik von der Absolutheit des § 5 Abs. 2 GrStG erfasst werden. Eine Anwendung der Grundsteuerbefreiungen bliebe demnach versperrt. Die in der Finanzverwaltung und Beraterschaft anzutreffende Bezugnahme auf die frühere BFH-Rechtsprechung verkennt für diese besonderen Fälle, dass das BTHG in Kombination mit dem WBVG zum Zeitpunkt der Urteile noch keine Relevanz hatte. Wir halten eine undifferenzierte Anwendung des § 5 Abs. 2 GrStG auf Wohnformen nach § 42a SGB XII grundsätzlich für angreifbar und empfehlen, zumindest bei Verwendung von WBVG-Verträgen die Möglichkeiten einer Grundsteuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr.3 GrStG zu prüfen.
Fazit und weitere Schritte
Die Zeit für die korrekte Erfassung, Deklaration und Bewertung der Grundstücke läuft bereits, denn bis zur eigentlichen Grundsteuererklärung sind viele Informationen einzuholen und zu würdigen. Die genaue Abgrenzung und Einordnung der Grundstücks- und Gebäudearten ist häufig einzelfallabhängig. Daher ist unseres Erachtens die Einbindung von erfahrenen Beratern empfehlenswert.
Gerne unterstützen wir Sie auch neben der späteren Deklaration auch bei den Vorbereitungen und bei auftretenden Fragen rund um das Thema Grundsteuer und stehen Ihnen als ausgewiesene Expert:innen zur Seite. Sprechen Sie uns hierzu gerne an.