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Energieerzeugung und Energieversorgung

Bei gemeinnützigen Körperschaften

Steigender Kostendruck aufgrund der weltpolitischen Lage und die Notwendigkeit ressourcenschonender Gestaltung betrieblicher Abläufe, nicht zuletzt auch die Klimakrise, veranlassen auch die Branche der Gesundheits- und Sozialwirtschaft zur eigenen bzw. autarken Energieversorgung. Dabei sollte nicht nur die eigene Energieversorgung geprüft werden. Auch der Betrieb bzw. die Belieferung von Ladesäulen und die Versorgung anderer gemeinnütziger Unternehmen sollten in die Planungen mit einbezogen werden.

Gemeinnützige Körperschaften und Körperschaften des öffentlichen Rechts stehen hinsichtlich dieser notwendigen Überlegungen vor besonderen Herausforderungen. So ist doch die Energieerzeugung und -versorgung (noch) kein originärer gemeinnütziger Zweck und wäre im Falle der Lieferung an Dritte grundsätzlich dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen.

Ertragsteuer und Gemeinnützigkeitsrecht

Für eine steuerneutrale Zweckbetriebszuordnung bieten sich gleich drei Lösungsansätze an.

Selbstversorgungszweckbetrieb

Zum einen kann sich eine gemeinnützig tätige Körperschaft seit eh und je auf den sog. Selbstversorgungszweckbetrieb gem. § 68 Nr. 2 b) der Abgabenordnung (AO) berufen, wenn sich die Stromlieferung an Dritte und ggf. die Einspeisung von Überschüssen ins Stromnetz 20 Prozent der Stromproduktion nicht überschreitet. Im Rahmen dieser Grenzen kann vermutet werden, dass die Stromerzeugung in erster Linie der Selbstversorgung dient. Aber Vorsicht: „Schädlich“ für die Quote können auch die Strombelieferung von konzernzugehörigen Gesellschaften oder von Mitarbeiterfahrzeugen sein. Inwiefern ein arbeitsteiliges Zusammenwirken mit anderen gemeinnützigen Körperschaften sich auf den Selbstversorgungszweckbetrieb auswirken kann, wäre u. E. im Wege der rechtssystematischen und teleologischen Auslegung der reformierten Zuordnungskriterien auszulegen, da die unveränderte Fassung des § 68 Nr. 2 b) AO die Grundsätze des planmäßigen Zusammenwirkens noch nicht berücksichtigt.

Zudem handelt es sich um eine Vermutung, die von der Finanzverwaltung in bestimmten Fällen negiert werden könnte. Überschreitet die Stromliefermenge an Dritte die Grenze des Selbstversorgungszweckbetriebs, so ist die Lieferung grundsätzlich deklarations- und ertragsteuerpflichtig. Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Kostenzuordnung sind dann vorprogrammiert.

Energieversorgung als Funktionsleistung

Einen weiteren Lösungsansatz für Lieferungen von Strom an andere gemeinnützige Körperschaften bietet die reformbedingte Zuordnung als sog. Funktionsleistung. Die Unmittelbarkeit einer gemeinnützigen Tätigkeit kann gemäß § 57 Abs. 3 AO auch dann vorliegen, wenn die Kooperationspartner arbeitsteilig zur Verwirklichung eines gemeinsamen gemeinnützigen Zwecks zusammenarbeiten. Nach unserem Verständnis gilt dies uneingeschränkt auch für die Energieversorgung. Die von der Finanzverwaltung aufgestellte Hürde der formellen Satzungsmäßigkeit ist jedoch nur im Wege einer Anpassung der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrages zu meistern.

Jahressteuergesetz 2022

Die Ampelkoalition hat die Notwendigkeit von Erleichterungen im Bereich der Energieerzeugung erkannt. In der Entwurfsfassung des Jahressteuergesetzes ist derzeit zum 1. Januar 2023 die Ertragsteuerbefreiung für solche Anlagen vorgesehen, die eine Leistung von 30 kW (peak) nicht überschreiten. Nur konsequent wäre, diese Befreiung der steuerbegünstigten Sphäre des Zweckbetriebs oder des ideellen Bereichs einer gemeinnützigen Körperschaft zuzuordnen und mit der vorbeschriebenen Systematik zu vereinbaren.

Exkurs: Zulässige Mittelverwendung

Die Zuordnung zum steuerbegünstigten Bereich erleichtert zudem die Finanzierung einer solchen Investition, so dass hierfür auch zeitnah zu verwendende Mittel aufgewandt werden dürfen. Handelt es sich hingegen um einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, stehen nur freie Mittel, insbesondere die freien Rücklagen gem. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO zur Verfügung. Genügt die freie Rücklage in diesem Fall z. B. nicht für die Investition, so droht der Vorwurf der Mittelfehlverwendung und im schlimmsten Fall ist die Gemeinnützigkeit gefährdet.

Exkurs #2: Unser Webinar zur Energiewende

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Stromsteuer und Versorgerstatus

Versorger

Versorger i. S. d. Stromsteuergesetzes (StromStG) ist grundsätzlich derjenige, der Strom leistet und kein Letztverbraucher i. S. d. § 5 Abs. 1 StromStG ist. Der Versorgerstatus mit allen rechtlichen und steuerlichen Konsequenzen sowie bürokratischen Obliegenheiten ist in Fällen von Selbstproduktion schnell erlangt, z. B. wenn Strom an Letztverbraucher, z. B. auch Mitarbeiter über Wallboxen, weitergegeben wird. Nach § 1a Abs. 6 StromStV kann ein sogenannter eingeschränkter Versorger für die Strommengen vorliegen, die innerhalb einer Kundenanlage mit Stromerzeugungsanlagen < 2 MW erzeugt und an Letztverbraucher ausschließlich innerhalb dieser Kundenanlage geleistet werden.

Die Pflichten als Stromversorger im Sinne des Stromsteuergesetzes – vor allem gegenüber den Hauptzollämtern – müssen beachtet und in die Projektplanung mit einbezogen werden. Der bürokratische Aufwand ist jedoch gut händelbar. Melde- bzw. Deklarationsaufwand ergibt sich bei Inbetriebnahme und in den ersten Monaten, danach regelmäßig nur einmal jährlich.

Stromsteuer

Wird Strom verbraucht oder an einen Verbraucher geliefert, löst dies gem. §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 1 des Stromsteuergesetzes (StromStG) grundsätzlich Stromsteuer in Höhe von derzeit 20,50 € je Megawattstunde aus.

Stromsteuerbefreiung und -ermäßigung

Stromsteuerbefreiungen und -ermäßigungen finden sich in § 9 StromStG. Um die Anforderungen zu erfüllen und 2,05 ct/kWh einzusparen, sollte der Anlagenbetreiber einer Photovoltaikanlage (oder KWK-Anlage) mit Letztverbrauchern direkte Contracting-Verträge abschließen bzw. vorliegende Miet-/Pachtverträge ggf. anpassen. Sofern die Stromerzeugungsanlage und der Verbrauch im räumlichen Zusammenhang zur Anlage, nach der Rechtsprechung wäre das ein Umkreis von 4,5km, stehen, wäre die Stromlieferung z. B. nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG steuerbefreit. Dies gilt für im räumlichen Zusammenhang selbst verbrauchten oder an Dritte gelieferten Strom. Dritte sind in diesem Zusammenhang auch Verbundunternehmen, da gesellschaftsrechtliche Beziehungen oder die Grundsätze der umsatzsteuerlichen Organschaft für die Stromsteuer unbeachtlich sind.

Zur Prüfung einer Ausnahmegenehmigung nach § 1a Abs. 8 StromStV ist das zuständige Hauptzollamt (HZA) zu kontaktieren, um ggf. Vereinfachungen herbeizuführen. Jährlich bis zum 31.12. sollten alle Steuerentlastungsmöglichkeiten beantragt werden. Hier kommen z. B. auch Steuererstattungen betreffend die Steuer für das im KWK-Prozess verwendete Erdgas (§ 53a EnergieStG) und für energieintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes (§ 9b StromStG und § 54 EnergieStG für ggf. betrieblich genutztes Erdgas/Strom) in Betracht.

Umsatzsteuer

Die Lieferung von Strom ist grundsätzlich eine umsatzsteuerbare und -pflichtige Leistung. Selbst dann, wenn der Gesetzgeber z. B. Lohnsteuerbefreiungen oder Pauschalierungen vorsieht.

Derzeit unterliegt lediglich die Versorgung mit selbst erzeugtem Strom innerhalb der umsatzsteuerlichen Organschaft nicht der Umsatzsteuer. Andererseits bedeutet die Einbindung der Stromversorgung in die umsatzsteuerliche Organschaft für gemeinnützige Träger regelmäßig einen verminderten bis gar keinen Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten und laufenden Kosten der Energieerzeugungsanlagen.

Abhilfe stellt auch hier die Entwurfsfassung des Jahressteuergesetztes 2022 in Aussicht. Nach dem Gesetzesvorhaben soll für die Lieferung, (…) sowie für die Installation einer kleinen Photovoltaikanlage - einschließlich eines Stromspeichers – ab dem 01.01.2023 der neue Umsatzsteuersatz mit 0 % Anwendung finden.

Die Steuersatzermäßigung soll u. a. für Anlagen gelten, die in der Nähe oder auf einem Gebäude installiert werden, welches für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt wird. Die Voraussetzung soll für kleine Photovoltaikanlagen bis 30kW (peak) laut Markstammdatenregister als erfüllt gelten. Nachweispflichten für dem Gemeinwohl dienende Körperschaften bei größeren Anlagen sind bislang nicht bekannt. Die Problematik des für gemeinnützige Träger regelmäßig verwehrten bzw. nur anteiligen Vorsteuerabzugs wäre obsolet.

Insgesamt also sehr erfreuliche Nachrichten, auch wenn das Jahressteuergesetz noch der Umsetzung bedarf und sich zahlreiche Folgefragen ergeben.

Eine eigenständige und autarke Energieerzeugung – optimaler Weise mit erneuerbaren Energien – ist eine der wesentlichen Herausforderungen unserer Zeit. Unter Beachtung der stromsteuerrechtlichen und gemeinnützigkeitsrechtlichen Voraussetzungen sowie den deklaratorischen Pflichten, können gemeinnützige Unternehmen von diversen Vergünstigungen und Befreiungen profitieren. Sprechen Sie uns jetzt an. Wir unterstützen Sie bei allen Herausforderung. Jetzt Kontakt aufnehmen!