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Zivildienstleistungen: Neuer BFH-Beschluss

Verwaltungsleistungen als allgemeiner Zweckbetrieb

In dem Klageverfahren war streitig, ob die erzielten Überschüsse eines gemeinnützigen Vereins im Rahmen der Zivildienstverwaltung dem ertragsteuerfreien Zweckbetrieb zuzuordnen sind. Der Verein übernahm im Namen des Bundesamtes für den Zivildienst in den Streitjahren 2007 bis 2010 diverse Verwaltungs- und Betreuungsaufgaben für eine Vielzahl von Zivildienstleistenden, die für amtliche Beschäftigungsstellen überwiegend im Bereich der Sozialfürsorge und sozialen Sicherheit tätig waren. Der Verein erzielte hierdurch in den Streitjahren Überschüsse, die das FA als Gewinn aus Gewerbebetrieb dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuordnete und entsprechende Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2010 erlies.

Der BFH sowie auch das FG Münster als Vorinstanz bestätigten dies und festigten somit ihre Rechtsprechung. Bereits mit Urteil vom 23.07.2009 entschied der V. Senat des BFH, dass eben diese Leistungen im Rahmen der Verwaltung des Zivildienstes von der Umsatzsteuer befreit seien. Laut einschränkender Auffassung der Finanzverwaltung war die entgeltliche Übernahme von Verwaltungsaufgaben für das Bundesamt für Zivildienst bisher dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen (BMF v. 18.08.2015).

Zu der Streitfrage, ob die erzielten Überschüsse aus Leistungen der Zivildienstverwaltung dem steuerfreien Zweckbetrieb oder dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind, hat sich der BFH nun mit Beschluss vom 15. März 2022 erneut geäußert:

Nach § 65 AO liegt ein Zweckbetrieb vor, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb

  1. in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO),
  2. diese Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und
  3. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO).

Für die Annahme eines Zweckbetriebs müssen alle drei Voraussetzungen erfüllt sein.

Die Übernahme der Verwaltungsaufgaben für das Bundesamt für Zivildienst zum Einsatz von Zivildienstleistenden erfüllt die Voraussetzungen des § 65 Nr. 1 AO.

Erforderlich hierfür ist, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb mit den ihn begründenden Tätigkeiten, und nicht nur mit den durch ihn erzielten Einnahmen, unmittelbar der Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke dient.

Die Verwaltungsleistungen des Vereins bestehen u.a. in der Organisation und Betreuung von Zivildienstleistenden. Im Zusammenwirken mit den Hilfseinrichtungen wird erst ermöglicht, dass Zivildienstleistende ihre Leistungen im sozialen Bereich (u.a. in Krankenhäusern, Behindertenwerkstätten, Kindergärten, Kirchengemeinden und Sozialstationen) erbringen können.

Arbeitsteiliges Zusammenwirken mit anderen Körperschaften begründet keine nur mittelbare Förderung steuerbegünstigter Zwecke.

Das Handeln als Hilfsperson allein kann zwar keine eigene steuerbegünstigte Tätigkeit begründen, weil sie damit nur mittelbar steuerbefreite Zwecke fördert. Mit den Verwaltungsdienstleistungen fördert der Verein jedoch nicht nur fremde gemeinnützige Zwecke, sondern erfüllt gleichzeitig auch eigene steuerbegünstigte Zwecke, nämlich die Bereitstellung und Vorhaltung bedarfsgerechter Hilfestrukturen. Dass der Satzungszweck dabei arbeitsteilig im Zusammenwirken mit anderen Körperschaften erreicht wird, steht der unmittelbaren Förderung steuerbegünstigter Zwecke nicht entgegen.

Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist für die Zweckverwirklichung notwendig (§ 65 Nr. 2 AO) und ist untrennbar mit der gemeinnützigen Tätigkeit verbunden.

Für die Frage, ob die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können, kommt es darauf an, dass sich der

wirtschaftliche Geschäftsbetrieb von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt, sondern das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks ist.

Die Tätigkeit des Vereins ist eine nicht wegzudenkende Voraussetzung für den Einsatz der Zivildienstleistenden durch die Beschäftigungsstellen und damit für seine satzungsmäßige Tätigkeit (Aufgaben sozialer und caritativer Hilfe durch Bereitstellung und Vorhaltung bedarfsgerechter Hilfestrukturen) notwendig.

Wettbewerbsverzerrungen zu nicht begünstigten Personen (Nr. 3) sind im Streitfall ausgeschlossen da nur Verbände für die ihnen angehörenden Beschäftigungsstellen als Beliehene vom Bundesamt mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben beauftragt werden können.

Der BFH-Beschluss vom 15.03.2022 zeigt, dass mit der Unterstützung einer steuerbegünstigten Einrichtung eigene satzungsmäßige Zwecke verwirklicht werden können, wenn die entsprechende Tätigkeit eine besondere Nähe zu diesen Zwecken aufweist. Entgegen der Ansicht des BMF stellt der BFH fest, dass es für die Erfüllung des § 65 Nr. 2 AO irrelevant ist, ob ein Dritter (hier das Bundesamt für den Zivildienst) vergleichbare Leistungen hätte erbringen können, da sonst nach der Gesetzessystematik der § 65 Nr. 3 AO überflüssig wäre. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erbringung von Verwaltungsdienstleistungen stets das Merkmal des Zweckbetriebs gemäß § 65 Nr. 2 AO erfüllt. Es müssen vielmehr – wie im Streitfall – besondere Umstände hinzutreten (zB wenn die administrativen Aufgaben die steuerbegünstigte Tätigkeit überhaupt erst ermöglichen).

Der entsprechenden Ausrichtung der eigenen Satzungszwecke kommt insoweit eine tragende Bedeutung zu. Dabei unterstützen Sie unsere Expert:innen sehr gerne. Jetzt Kontakt aufnehmen!