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Personal-Sharing?

Bei Fachkräftemangel kann das Mehrarbeitgeber-Modell helfen

Um gemeinnütziges Handeln nachhaltig gewährleisten zu können, werden Personal-Kooperationen erheblich an Bedeutung gewinnen.

Der vorliegende Beitrag zeigt nach einer kurzen Betrachtung der klassischen Personalgestellung einen alternativen Weg, wie eine arbeitsteilige Zusammenarbeit in Bezug auf die gemeinsame Nutzung von Personal unter gemeinnützigen Körperschaften und/oder Körperschaften des öffentlichen/kirchlichen Rechts steueroptimal durchgeführt werden kann.

Personalgestellung

Die Personalgestellung ist derzeit die häufigste Form der arbeitsteiligen Zusammenarbeit gemeinnütziger Körperschaften. Dadurch werden grundsätzlich steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe begründet, soweit diese nach den §§ 57, 58 AO nicht als zweckbetriebliche Tätigkeiten gestaltet werden.

Die ertragsteuerliche Zuordnung führt dazu, dass die Personalgestellung für umsatzsteuerliche Zwecke aktuell grundsätzlich dem Regelsteuersatz (19 %) unterliegt. Ausnahmsweise kann die Gestellung unter die Steuerbefreiungen des § 4 UStG gefasst werden, wenn die Gestellung z. B. zwischen Krankenhäusern und sonstigen Pflegeeinrichtungen nach § 4 Nr. 14 und Nr. 16 UStG erfolgt. Dies gilt aktuell auch nur dann, wenn durch das gestellte Personal medizinische oder pflegerische Leistungen erbracht werden. Darüber hinaus sind die Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zu beachten.

Mehrarbeitgeber-Modell

Um die vorgenannten ertrag- und umsatzsteuerlichen Folgen einer Personalgestellung bzw. eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu vermeiden, kann sich insbesondere bei langfristigen Kooperationen eine besondere Vereinbarung zur Zusammenarbeit, nämlich das sogenannte „Mehrarbeitgeber-Modell“ anbieten. Ausgangspunkt ist dabei, dass mehrere Arbeitgeber die Arbeitskraft entsprechender Mitarbeiter gemeinsam bzw. jeder zeitanteilig für sich nutzen möchten und im Voraus Einvernehmen darüber erreichen können, welche Zeitvolumen der Regelarbeitszeit für jeden Arbeitgeber anteilig erbracht werden sollen.

Auf dieser Grundlage vereinbaren die betreffenden Mitarbeiter mit jedem der Arbeitgeber eigene Anstellungsverträge für im Voraus festzulegende (Teilzeit-) Stundenkontingente. Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob die betreffenden Arbeitgeber gesellschaftsrechtlich verbunden sind oder nicht. Üblicherweise werden weitere Anstellungsverträge bei einem Mitarbeiter im Rahmen der Steuerklasse 6 besteuert und führen dadurch zu erheblichen Liquiditätsnachteilen. Hier können die Vorteile der seit 2004 geltenden Regelungen zum Lohnsteuerabzug durch Dritte nach § 38 Abs. 3 a S. 2 ff. EStG (sogenanntes Mehrarbeitgeber-Modell) genutzt werden, indem alle beteiligten Arbeitgeber schriftlich vereinbaren, dass nur einer von Ihnen (der sogenannte Stammarbeitgeber) im eigenen Namen die Arbeitgeberpflichten der anderen erfüllt, und

  • dieser Arbeitgeber den gesamten Arbeitslohn auszahlt oder · für den gesamten Lohn die Abzugsverpflichtung übernimmt oder
  • die Arbeitgeberpflichten für von ihm vermittelte Dritte übernimmt und
  • das Betriebsstättenfinanzamt dem schriftlichen Antrag des Stammarbeitgebers zur Übernahme der genannten Verpflichtungen im Einvernehmen mit den Betriebsstättenfinanzämtern der anderen Arbeitgeber zustimmt.

Der Arbeitgeber ist insoweit von seinen Pflichten befreit; der Stammarbeitgeber tritt hinsichtlich der das LSt-Verfahren betreffenden Vorschriften an die Stelle des Arbeitgebers.

Stehen Mitarbeiter in mehreren Dienstverhältnissen, kann der Stammarbeitgeber nach § 38 Abs. 3 a S. 7 EStG die Arbeitslöhne für die LSt-Ermittlung und die LSt-Bescheinigung zusammenrechnen, die dem Mitarbeiter im selben Lohnzahlungszeitraum zufließen. Die Lohnsteuer wird in diesen Fällen nach der Gehaltssumme und den Besteuerungsmerkmalen der Hauptsteuerklasse abgerechnet, so dass Liquiditätsnachteile durch die Lohnsteuerklasse 6 vollständig vermieden werden.

Das Modell kann grundsätzlich unabhängig von der Anzahl der beteiligten Arbeitgeber angewendet werden; seine Vorteilhaftigkeit stößt aber umso eher an seine Grenzen, je mehr Abweichungen die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten innerhalb der Planarbeitszeiten von den jeweils mit den Arbeitgebern vertraglich vereinbarten Zeitkontingenten aufweisen. Es empfiehlt sich daher, dass die Mitarbeiter bei jedem Arbeitgeber Jahresarbeitszeitkonten führen, um eventuell anfallende Mehrstunden auch den Arbeitgebern zuordnen zu können und von diesem gegebenenfalls vergüten zu lassen.

Soweit die geleistete Arbeitszeit bei einem der Arbeitgeber signifikant hinter der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zurück bleibt und dieses darauf zurück geführt werden kann, dass dafür bei dem/den anderen Arbeitgeber/n, die der Mehrarbeitgebermodell-Vereinbarung angehören, entsprechende Mehrstunden geleistet werden, dafür ggf. sogar „Ausgleichszahlungen“ zwischen den Arbeitgebern vorgesehen sind, könnte die Finanzverwaltung dieses ggf. als "Personalüberlassung" zwischen den Arbeitgebern werten und insoweit einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit den oben aufgezeigten Folgen annehmen.

Daher ist für den erfolgreichen Einsatz dieses Modells einer im Voraus sorgfältig zu planenden Verteilung der Arbeitszeiten hohe Bedeutung beizumessen. Auf der „Habenseite“ stehen dann aber bei der gemeinschaftlichen Personalnutzung die vollständige Vermeidung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs als auch die Vermeidung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Dieses Modell wird in der Praxis schon langjährig z. B. bei zusammengefassten Lohnabrechnungen von Mehrfacharbeitsverhältnissen im Konzernverbund, bei zentralen Abrechnungsstellen der Kirchen oder Arbeitnehmern von Wohnungseigentümergemeinschaften angewendet.

Um dieses Modell steuerlich rechtssicher umzusetzen, empfiehlt es sich, das Vorhaben für Zwecke der Lohnsteuer im Rahmen einer sogenannten Anrufungsauskunft nach § 42e EStG mit den zuständigen Betriebsstättenfinanzämtern abzustimmen. Ebenso sollte das Modell im Hinblick auf die Umsatzsteuerfreiheit und Fragen zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge im Vorfeld verbindlich geklärt werden. Für Unternehmen mit unterschiedlichen tariflichen Strukturen sind darüber hinaus ggf. versorgungs- und arbeitsrechtliche Besonderheiten zu prüfen.

Fazit

Das in § 38 Abs. 3a S. 2 ff. EStG gesetzlich verankerte sogenannte Mehrarbeitgeber-Modell bietet bei geplanten Vorhaben von Personal-Sharing für die Mitarbeitenden unter Vermeidung der Steuerklasse 6 eine steueroptimale Lösung. Es geht um solche Fälle, in denen Arbeitnehmer:innen dauerhaft bei verschiedenen Unternehmen, die nicht zwingend Verbundunternehmen darstellen müssen, eingesetzt werden sollen. Dieses Modell vermeidet die Begründung steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe; zum anderen werden mangels schuldrechtlichem Leistungsaustausch grundsätzlich keine umsatzsteuerlichen Folgen ausgelöst.

Einer möglichen „Abweichung von der Sollarbeitszeit“ sind hierbei allerdings Grenzen gesetzt, die eine besondere Beachtung verlangen. Zudem sollte das Modell vor einer Umsetzung mit den zuständigen Finanzbehörden bzw. Sozialversicherungsträgern im Rahmen einer Anrufungsauskunft abgestimmt werden. Abschließend können bei Arbeitgebern mit unterschiedlichen tariflichen Strukturen ggf. versorgungs- und arbeitsrechtliche Besonderheiten zu prüfen sein.

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